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Neue Töne für
»Metropolis«

»Musikfabrik« untermalt Filmklassiker

Gütersloh (WB). Eine interessante Mischung unterschiedlichster Verbindungen zwischen Musik und Film wurde am Montagabend im Rahmen des 9. Meisterkonzertes deutlich. Zur Premiere der neuen Reihe »Musik und Film« wandte sich die Präsentation von Fritz Langs Stummfilmklassiker »Metropolis« mit dem Ensemble der »Musikfabrik« an eine durchaus anspruchsvolle Zuhörerschaft.

Nicht in etwaigem romantisch-klassischem Stil verharrender Sentimentalität hat der 1958 in Buenos Aires geborene Martín Matalon die Filmmusik zu der durch das Deutsche Filmmuseum vollkommen restaurierten Fassung von »Metropolis« komponiert. Hoch modern - dies ist selten - und somit nicht vergangenheitsorientiert fiel nämlich die 1993 vom IRCAM (Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique) des Pariser Centre Pompidou an Matalon für großes Ensemble in Auftrag gegebene neue Musik zum Film aus.
Die Uraufführung dieser Fassung fand 68 Jahre nach der erfolglosen Premiere im Berliner Ufa-Palast am Zoo im Jahre 1995 in Paris statt. Die Authentizität dieser sich von Gottfried Huppertz (1887-1937) komponierten, ursprünglichen Originalmusik zu »Metropolis« verabschiedenden Partitur der Gegenwart konnte wiederum in der Gütersloher Stadthalle gerade dadurch besonders zur Geltung kommen, da Matalon das Ensemble mit Weltruhm der »Musikfabrik« selbst dirigierte. Völlige musikalische Parallelitäten sowie auch sensibel geplante Divergenzen mit den hochexpressiven Bildeindrücken dieses durch seine futuristisch geprägte und künstlerisch schon sehr hoch entwickelte Schwarz-Weiß-Ästhetik in der Kinogeschichte einzigartigen Streifens fielen immer wieder auf. Von unerschütterlicher Ruhe und kompromisslosem Durchhaltevermögen schien Matalons über lange Strecken gleich bleibender Dirigierstil geprägt. Sowohl auf der Leinwand als auch musikalisch schrieen inhaltlich sowie tonal schwer zu ertragende Spannungsverhältnisse fortwährend nach Ausgleich.
Der Film handelt von einer vollkommen aus den Fugen geratenden Klassengesellschaft, in der von Maschinen tyrannisierte Sklaven die Unterstadt bevölkern, während menschliche Wracks in der Oberstadt in einer Welt von Luxus und Überdruss vegetieren. Der Versuch von Freder, dem Sohn von Johann Fredersen - letzterer sitzt in seiner Kommandozentrale, dem »Neuen Turm zu Babel«, an den Schalthebeln der Macht -, durch seine Liebe zu der Arbeiter-Aktivistin Maria zwischen Ober- und Unterstadt zu vermitteln, mündet in dissonanten, sowohl heftig aufrührerischen als auch niederdrückenden Klangsequenzen. Die Musiker sorgten durch ihr hoch konzentriertes Spiel für ihren wohl verdienten, sehr anerkennenden Applaus in der locker gefüllten Stadthalle.
Johannes Zoller

Artikel vom 03.05.2007