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»Böckstiegels Bäuerchchen«

WESTFALEN-BLATT-Serie, Teil 6: »Vater Thorlümke«


Werther (WB). »Vater Thorlümke, ein Bauer aus Arrode, eine vom Alter und harter Feldarbeit gebeugte Gestalt, scharfe Hakennase, die blitzenden Augen von Hut und Bart eingebettet, war zu jeder Stunde für mein Schaffen bereit. Des Abends bei Kerze und Öllampe ist manche Zeichnung, manches Aquarell und Gemälde entstanden«, schreibt Peter August Böckstiegel. Tatsächlich ist die Reihe der meist etwa 75 mal 55 Zentimeter großen Aquarelle von Nachbarn und Verwandten Böckstiegels äußerst eindrucksvoll.
Stärker vielleicht als im Ölgemälde konnte der Künstler im schnell gemalten Aquarell, das häufig mit schwarzer Tusche zeichnerisch nachbearbeitet wurde, die Mimik und Gestik seiner Modelle einfangen. Mit der Nass-in-Nass-Technik kann er die Aquarellfarbe sowohl dunkel und fast deckend als auch hell, leicht und durchscheinend auftragen. War das Papier getrocknet, konnten die schwarzen Tuschelinien die Gesichtszüge der Dargestellten noch schärfer konturieren.
Aus hellwachen Augen schaut der alte Mann uns Betrachter unverwandt an - so wie er damals Peter August Böckstiegel gegenübersaß, wohl mit ihm ins Gespräch über das bäuerliche Leben in Arrode vertieft. Von Anfang an zeigte Böckstiegel eine große Nähe zum alten Menschen. So hatte er schon in seiner Akademiezeit Menschen in Dresdner Altersheimen gezeichnet.
Sicherlich waren die Alten auch leichter verfügbare Modelle, mussten die Jüngeren doch ihrer Feldarbeit nachgehen. Doch Böckstiegels Interesse für den alten Menschen, die Spuren des gelebten Lebens in den abgearbeiteten Körpern und ihren faltigen Gesichtern, war ernsthaft und tief. Böckstiegels Satz »Die Sorgen des Lebens, die harte Arbeit im Haus und in der Natur gruben tiefe Runen in die Gesichter, machten sie kernhaft und stark, formten Geist und Seele zu erhabener Einheit«, ursprünglich auf seine Eltern bezogen, kann auch auf die anderen Bewohner Arrodes und Werthers übertragen werden.

Artikel vom 28.04.2007