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Silberstreif
am Horizont

TuS kann doch noch gewinnen

Von Wolfgang Sprentzel
Lübbecke (WB). Das »Phrasenschwein« hatte am Donnerstagabend Ausgang. Sein Weg führte schnurstracks in die Kreissporthalle nach Lübbecke. Dort wurde es Zeuge des ersten Sieges des heimischen Handball-Bundesligisten in diesem Jahr. Der TuS N-Lübbecke bezwang FA Göppingen nach dramatischer Schlussphase verdient mit 30:27 (11:15).

Und das Phrasenschwein wurde an diesem Abend richtig fett. Die Fünf-Euro-Noten drängelten sich regelrecht danach, eingesteckt zu werden. Nummer eins: Der TuS N-Lübbecke erblickt wieder »Licht am Ende des Tunnels«. Nummer zwei: ein Silberstreif am Horizont. Nummer drei: die Schützlinge von Velimir Kljaic haben bei diesem Sieg »gekämpft wie die Löwen«.
Das Schöne daran: Alles ist richtig. Alles kann nur bestätigt werden. Denn Licht und Silberstreif werden hervorgerufen durch die Tatsache, dass der Abstand zum Relegationsplatz, der Abstand zur HSG Wetzlar, jetzt bis auf einen Zähler zusammen geschmolzen ist. Die Hessen haben derweil elf Punkte, der TuS N-Lübbecke jetzt zehn.
Alle (rund 1800 Zuschauer, unter ihnen auch Noch-Landrat Wilhelm Krömer und - vielleicht als Glücksfee?: Uschi Roch, die in Lübbecke zu Besuch weilende Gattin von Ex-TuS-Manager Sigi Roch) in der Halle wussten am Donnerstagabend, was die Stunde geschlagen hat. Natürlich auch Armin Gauselmann von Haupt-Sponsor Merkur-Spielotheken, der vor der Begegnung feststellte: »Wenn wir das Ding heute nicht gewinnen, können wir für die zweite Liga planen.«
Und die erste halbe Stunde dieser Begegnung war wahrlich nicht dazu angetan, dass die Fans vom Klassenerhalt träumen durften. Nicht viel lief im Angriff zusammen. Ballverluste durch technische Fehler und Fehlwürfe (Gäste-Keeper Galia machte manch gute Chance zunichte). Die Mühlenkreisler verkrampften im Angriff immer mehr. Nur zweimal, beim 5:4 und 6:5 (11.), konnten die Hausherren da die Führung an sich reißen. Schlimmes deutete sich an, als die Gäste acht Minuten später ein 7:10 auf die Anzeigetafeln gezaubert hatten, diesen Drei-Tore-Vorsprung nicht nur hielten, sondern, nachdem ihnen der am Zeitnehmertisch sitzende DHB-Männerspielwart Uwe Stemberg unter den wütenden Protesten der Fans und der TuS-Bank (siehe auch nebenstehender Bericht) einen Ball geschenkt hatte, diese Führung gar auf 10:14 ausbauten und schließlich die vier Treffer mit in die Kabine retteten.
Allerdings: Schon in dieser ersten Halbzeit deutete sich an, dass die Kljaic-Abwehr-Formation (fünf plus eins) mit Jakub Szymanski in vorderster Front den ohne Weltmeister Michael Kraus antretenden Gäste-Angriff vor eine Verlegenheit nach der anderen stellte. FA-Coach Velimir Petkovic forderte zwar immer wieder von Mittelmann Schweikardt: »Geh eins gegen eins!«, doch so richtig kam der FA-Regisseur nicht zum Zuge. Und da seine Nebenleute nicht unbedingt die leichtfüßigsten waren, stabilisierte sich die Deckung der Hausherren immer mehr. Sie spürten: »Hier geht was. Die kochen auch nur mit Wasser!«
Als Fölser, Remer (machte vielleicht das Spiel seines Lebens) und Iacob aus dem 21:24 /48.) zwei Minuten später den ersten Ausgleich markierten, skandierten die Fans wieder »Nettelstedt! Nettelstedt!«
Ohrenbetäubend der Jubel bei der ersten Führung durch Tönnesens Strafwurf, der sich sogar noch steigerte, als der endlich mal bei seinen Würfen mit Glück gesegnete Branko Kokir zum 26:24 einwarf. Jetzt forderten die Fans, genau siebeneinhalb Minuten vor dem Ende: »Aufsteh'n! Aufsteh'n!« Die Halle kam der Aufforderung nach - und bejubelte nach dem 26:25 die neuerliche Zwei-Tore-Führung durch den die Faust ballenden Tim Remer.
Ganz, ganz eng wurde es aber dennoch. Als Hermann nämlich beim 28:27 am Tor vorbeiwarf und Göppingens Schweikardt mit dem Tempogegenstoß auf und davon war. Ein gewaltiger Absprung, ein gewaltiger Schuss und gewaltig wackelte das ganze Tor. Schweikardt hatte nur die Latte getroffen. Einen Angriff später verdamelte zwar Iacob mit einem Bodenpass ins Nirgendwo das Leder, doch Fichte Friedrich blieb gegen den ebenfalls frei vor ihm auftauchenden Dobrok Sieger. Hermanns Fackel aus der zweiten Reihe bedeutete das 29:27. Und weil Friedrich auch gegen Schöne Sieger blieb, war der Weg frei zum Erfolg.
Sandu Iacob brachte ihn - Armin Gauselmann, Geschäftsführer Uwe Kölling und Pressesprecher Robert Hess fieberten mit und brüllten ihre Erleichterung beim 30:27 überschwänglich heraus - mit seinem Tempogegenstoß unter Dach und Fach.
Fazit: Der TuS N-Lübbecke darf wieder hoffen und damit gibt's den letzten Fünfer ins Phrasenschwein: »Die Hoffnung stirbt schließlich zuletzt!«

Artikel vom 28.04.2007