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Nur zehn Jungs
beim Boy«s Day

Für einen Tag in Uni und Werkstatt

Von Rüdiger Kache (Text)
und Wolfram Brucks (Fotos)
Paderborn (WV). Manchmal genügt schon ein einziger Tag, um Entscheidungen fürs Leben zu treffen. Für Jannik Salmen war gestern so ein Tag: Der 14-jährige Realschüler nutzte den ersten offiziellen »Boy«s Day«, um sich in einem noch immer eher typischen Frauenberuf umzusehen. Jannik machte ein Kurzpraktikum im Kindergarten Abtsbrede. »Ich glaube, das ist ein Beruf für mich«, zog er am Mittag erste Bilanz.

Zusammen mit zwei weiteren Kameraden aus der Klasse acht der Lise-Meitner-Realschule wollte er ungeachtet kleinerer Spötteleien von Mitschülern diese Chance nutzen. Sein Freund Marcel hingegen hat schnell erkannt, dass der Beruf des Erziehers wohl für ihn nicht infrage kommt. Der ebenfalls 14-jährige Christoph hat sich noch nicht entschieden.
Insgesamt 122 Tagespraktikumsplätze für Jungs wurden gestern angeboten - in Delbrück 30, in Bad Lippspringe 41 und in Paderborn 51. »Die Resonanz bei uns war mit zehn belegten Plätzen eher bescheiden«, appelliert Paderborns Gleichstellungsbeauftragte Dagmar Drüke - diesmal in ungewohnter Rolle - an die Schulen, im nächsten Jahr mehr Reklame für den »Boy«s Day« zu machen. Deutlich größer war dagegen die Nachfrage nach Tagespraktika für Mädchen am ebenfalls gestern durchgeführten »Girl«s Day«: 321 Plätze gab«s über die Paderborner Gleichstellungsstelle, 29 in Delbrück und acht in Bad Lippspringe. Und wieder machten kreisweit viele Betriebe mit.
Bei VW-Thiel zogen gleich 20 Mädchen zwischen 13 und 15 Jahren den Blaumann über und schauten den Mechanikern in der Werkstatt über die Schulter.» Wir sind von Anfang an dabei«, stehen VW-Thiel-Geschäftsleiter Georg Gomolka und Serviceleiter Detlef Santilian hinter diesem Konzept und wünschten sich ruhig ein paar weibliche Auszubildende mehr. Elena Wilkinson (25), im dritten Lehrjahr als Automechanikerin, war natürlich die wichtigste Ansprechpartnerin.
Im Kindergarten Abtsbrede (110 Kinder in fünf Gruppen, davon 60 Tagesplätze), der im August in städtische Trägerschaft über gehen wird, ist Leiterin Brigitta Heise zufrieden mit ihren »Jungs«: »Es gibt leider in den Kindergärten zu wenig männliche Erzieher«, will sie jungen Männern mehr Mut machen, in die Domäne der Frau vorzudringen.
Bürgermeister Heinz Paus hat im Stadthaus allen Mitarbeitern gestattet, ihre Kinder für einen Tag mitzubringen. 130 Mädchen verschafften sich an der Uni Einblicke in technische Studiengänge. Neun »Feuerwehrfrauen« kamen zur Kreisfeuerwehrzentrale und vier zum Chemischen Untersuchungsamt. Auch beim Unternehmen »Team« in Schloss Neuhaus wagten zehn Mädchen den Schritt hin zur Softwareentwicklung.

Artikel vom 27.04.2007