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Viel Aktenmatierial zu sichten (von links): Prorektor Jörg Jarnut, Heimatfreund Walter Hemmen, Autor Detlef Grohmann und Unternehmer Ferdinand Klingenthal.

Bienenfleißig im Archivkeller

Detlef Grohmann untersucht Entwicklung Salzkottens von 1945 bis 1975

Von Manfred Stienecke (Text und Foto)
Salzkotten / Paderborn (WV). Die Stadt Salzkotten ist die erste Kleinstadt in NRW, deren Nachkriegsgeschichte wissenschaftlich untersucht wird. Der Paderborner Historiker Dr. Detlef Grothmann (47) erforscht Stadt und Amt Salzkotten in den Zeit zwischen 1945 und 1975.

»Salzkotten ist in vielerlei Hinsicht typisch für die Entwicklung der westfälischen Kleinstädte nach dem Krieg«, fasste Grothmann gestern bei einer ersten Vorstellung des »Pilotprojekts« an der Universität Paderborn seine bisherigen Studien zusammen, die er im Herbst 2008 mit der Buchveröffentlichung abschließen will. So könne man an der Heder repräsentativ verfolgen, wie der Übergang von der Besatzungszeit zum politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Neuaufbau in NRW erfolgt sei. Bei der Ansiedlung von Industriebetrieben sei man hier sogar besonders erfolgreich gewesen.
Seit mehreren Jahren bereits sichtet der als Lehrbeauftragter der Universität Paderborn tätige Historiker die westfälischen Archive. »Herausgekommen sind dabei 80 Aktenordner mit kopiertem Archivmaterial«, verrät Grothmann. Sein Buch, für das gerade die konkrete Schreibphase begonnen hat, will er mit Tabellen, Grafiken und Fotos illustrieren. Zu Wort kommen sollen auch diverse Zeitzeugen wie der Ehrenvorsitzende des Heimatvereins Salzkotten, Dr. Walter Hemmen, und der mittlerweile verstorbene Altbürgermeister Franz Cramer.
Nach den Recherchen von Grothmann führte das Kriegsende auch strukturell zu einer Zäsur in der bis dahin nur 3300 Einwohner zählenden Kernstadt. Die bis 1945 »zutiefst katholisch geprägte« Stadt habe viele Flüchtlinge aus vorwiegend evangelischen Gebieten aufgenommen. Als wichtiger Integrationsfaktor habe sich vor allem das vielfältige Vereinsleben bewährt. Gefördert wird die wissenschaftliche Untersuchung nicht nur durch die Universität, sondern auch von zahlreichen Sponsoren vom Erzbistum über mehrere Banken bis zu örtlichen Mittelstand und Einzelhandel. Unternehmer Ferdinand Klingenthal, der Grothmann in seiner Firmenverwaltung ein Büro eingerichtet hat, beweist immer ein offenes Ohr, wenn es um lokale Initiativen geht. »Die kleinen Regionen werden in einem zusammenwachsenden Europa eine zunehmend wichtige Rolle spielen«, ist er überzeugt.
Paderborns Uni-Rektor Prof. Dr. Nikolaus Risch betonte, dass die Hochschule neben ihrer internationalen Ausrichtung immer den Blick für das Naheliegende bewahrt habe. »Die Uni hat ein Forschungsinteresse auch an Dingen, die in der Region passiert sind.« Die Nachkriegszeit beschäftige zunehmend die Geschichtsschreibung, ergänzte Prorektor Prof. Dr. Jörg Jarnut, selbst Historiker. »Wir müssen diese Epoche jetzt aufarbeiten!«
Grothmann stammt aus Paderborn und legte 1978 das Abitur am Goerdeler-Gymnasium ab. Nach seinem Studium der Geschichte und Geographie war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität tätig.

Artikel vom 25.04.2007