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Berechenbarkeit als Gefahr

Medienkritiker Joseph Weizenbaum im Berufskolleg

Brackwede (sj). Auf einem Holzdruck erreichte Professor Dr. Joseph Weizenbaum die Einladung zu einem Gastvortrag am Berufskolleg Senne. Reinhard Grimm, Lehrer am Berufskolleg Senne, nahm auf diese originelle Weise Kontakt mit dem 84-jährigen Wissenschaftler auf.

Der Computer- und Medienkritiker nahm die Reise aus Berlin auf sich und referierte in der Aula der Medienschule vor den Lehrkräften und Schülern über die »Nebenwirkungen der neuen Technologie«. Schulleiter Dr. Marian Romanowski sprach von einem besonderen Ereignis, Weizenbaum für diesen Vortrag gewonnen zu haben. Gerade in der schnelllebigen Medienbranche sei es besonders wichtig, offen für neue Blickwinkel zu sein.
Weizenbaum veröffentlichte 1966 das Computerprogramm »Eliza«, das zum Meilenstein der künstlichen Intelligenz wurde. Durch »Eliza« ist es möglich, mit natürlicher Sprache zwischen einem Menschen und einem Computer zu kommunizieren.
Der Computerpionier war eigenen Angaben nach erschüttert, als ihm klar wurde, dass Psychotherapeuten diese Erfindung tatsächlich als eine Möglichkeit für eine automatisierte Therapie in Betracht zogen. Seit diesem Schlüsselerlebnis mahnt er den kritischen Umgang mit Computern und die Verantwortung des Wissenschaftlers für sein Tun an. »Inzwischen ist ein unkritischer Wissenschaftsglaube zu einer neuen Weltreligion geworden«, sagte Weizenbaum. Auch die Wissenschaft habe ihre Kathedralen und Päpste, und eine dieser Kathedralen sei zum Beispiel das Massachusetts Institute of Technology, wo er selbst lange Zeit tätig war. Für Weizenbaum ist die Idee, dass jeder Aspekt der Welt berechenbar ist, ein gefährliches Unterfangen. Diese Idee beherrsche die Welt und mache die Menschen zu Opfern der Computer.

Artikel vom 25.04.2007