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Prof. Dr. Thorsten Pohle, Chefarzt der Inneren Medizin am Klinikum Herford.Foto: Bexte

Tollwut nach einem Hundebiss

55-jähriger Mann aus dem Kreis Herford hat sich mit tödlichem Virus infiziert

Von Karin Koteras-Pietsch
Kreis Herford (BZ). Zum dritten Mal in zehn Jahren gibt es in Deutschland wieder einen Fall von Tollwut (BZ vom 20. April). Der Patient ist ein 55-jähriger Mann aus dem Kreis Herford. Er liegt inzwischen im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Nach Auskunft der Hamburger Ärzte ist die Prognose äußerst schlecht.

Der 55-Jährige unternahm Anfang des Jahres eine Reise nach Marokko, wo sein Dackel von einem streunenden Hund angegriffen wurde. Bei dem Versuch, die beiden Tiere zu trennen, biss der streunende Hund dem Mann in die linke Hand. Der 55-Jährige suchte sofort einen Arzt auf und ließ die Bisswunde behandeln. Eine nachträgliche Impfung (Postexpositionsprophylaxe), wie sie laut Experten am UKE in solchen Fällen erforderlich ist, bekam der Mann nicht. »Eine Riesenkatastrophe«, sagte gestern ein Mediziner in Hamburg.
Die Bisswunde des Mannes heilte gut. Doch Wochen nach der Reise bemerkte er ein Kribbeln und Taubheitsgefühl in der linken Hand und im Arm. Er suchte das Klinikum Herford auf, verließ dieses aber entgegen ärztlichen Rat zunächst wieder. Am 16. April kam er dann wieder in die Ambulanz des Klinikums. »Diesmal klagte er außerdem über Kopfschmerzen und Fieber sowie zunehmende Schwäche«, informierte gestern Prof. Dr. Martin Pohle, Chefarzt der Inneren Medizin am Klinikum und behandelnder Arzt. Tropenmediziner Dr. Heinz Vollnberg wurde zu Rate gezogen, der gleich den Verdacht äußerte, es könne sich um Tollwut handeln. Der Facharzt impfte den Patienten aktiv und passiv. Untersuchungen der Tränenflüssigkeit und des Speichels erhärteten den Anfangsverdacht.
Der Zustand des Patienten verschlechterte sich über Nacht. In Absprache mit den Hamburger Kollegen wurde der Mann am nächsten Morgen mit dem Hubschrauber ins Universitätsklinikum gebracht. Mit einer so genannten PCR-Untersuchung, durchgeführt vom Bernhard-Nocht-Institut, wurde die Verdachtsdiagnose bestätigt. Der Patient wurde in künstliches Koma versetzt, um seine Körperfunktionen zu reduzieren und somit Anstrengungen zu vermeiden. Zudem wird er antiviral und intensivmedizinisch behandelt. Der Zustand des Herforders hat sich nach Auskunft des UKE bis gestern nicht verändert. Auch eine längere Zeit im Koma, so der Hamburger Arzt, steigere die Chancen zu überleben nicht. Die Erkrankung ende fast immer tödlich. Erst einmal hat es einen Fall gegeben, bei dem eine 15-jährige Amerikanerin Tollwut überlebte. Allein aufgrund dieser Tatsache haben die behandelden Ärzte an der Elbe die Hoffnung noch nicht aufgegeben.
Unterdessen kann Prof. Pohle all diejenigen beruhigen, die Kontakt zu dem Patienten hatten. Ein Fall, in dem die Krankheit von Mensch zu Mensch übertragen worden sei, sei nicht bekannt. Bei der Behandlung des 55-Jährigen hätten Ärzte und Pflegepersonal normale Schutzkleidung getragen, zudem sei er auf der Infektionsstation untergebracht gewesen. Eine Übertragung könne nur erfolgen, wenn Speichel oder Tränenflüssigkeit des Patienten in eine offenen Wunde eines anderen gelangten.

Artikel vom 25.04.2007