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Leben mit dem Rheuma-Schmerz

Hallerin leidet an der Autoimmunkrankheit mit den vielen Gesichtern

Von Frauke Kanbach
Halle-Ascheloh (WB). Eines Morgens taten Christel Surmann die Finger höllisch weh. Wenige Wochen später konnte die damals 42-Jährige nicht mehr Autofahren. Eine Entzündung hatte sich in ihren Handgelenken fest gesetzt. Rheuma, lautete die erste Diagnose ihres Haller Hausarztes.

Seit dieser für sie schockierenden Nachricht sind 17 Jahre vergangen. Wie Christel Surmann gelernt hat, mit der Krankheit zu leben, schildert sie im WESTFALEN-BLATT.
Rheuma - das sagt alles und nichts. Denn ein eigenständiges Krankheitsbild gibt es nicht. Hinter dem Begriff stecken mehr als 400 Krankheitsformen. Sie sorgen für Schmerzen an den Beinen, an Muskeln, Sehnen, Gelenken oder im Bindegewebe. Ausgelöst durch entzündliche Prozesse, verursacht durch das eigene Immunsystem. Man spricht daher auch von einer Autoimmunkrankheit.
Der Spezialist hat gleich mit der Therapie begonnen, erinnert sich die heute 59-Jährige. Das bedeutete die Einnahme von Kortison. Mit Hilfe eines Plans wurde die niedrigste Dosis ermittelt, die für sie gerade noch wirksam ist. »Ohne Medikamente geht es nicht«, sagt die gebürtige Ostfriesin und Mutter von drei Kindern, die mit ihrem Mann auf einem Hof in Ascheloh lebt.
Ein Basismedikament dämmt ihr überaktives Immunsystem ein. Leider mit der Nebenwirkung, dass Wunden langsamer verheilen. Kürzlich hat sie gelesen, dass schwarzer Tee das Immunsystem stärke: »Jetzt weiß ich, warum ich keinen schwarzen Tee vertrage.« Ebenso wenig wie Orangensaft. Allgemeingültige Ernährungsregeln gibt es nicht, da die Krankheit bei jedem anders verläuft.
Auch Christel Surmanns Mutter hatte Rheuma. Das half ihr, unbefangen mit dieser Erkrankung umzugehen. Christel Surmann schaut auf ihre Hände. Sie sind gezeichnet von der Krankheit. Ebenso ihre Füße. »Wer versteifte Fußgelenke hat, kann sich von modernem Schuhwerk verabschieden«, sagt sie lachend und weiß, dass gegen Versteifung nur Bewegung hilft, »auch wenn es schmerzt«. Einmal in der Woche geht sie daher zur Wasser- und zur Trockengymnastik. Im Wasser kann sie Übungen machen, die »an Land« nicht gehen, wie zum Beispiel auf den Zehenspitzen stehen. Mit diesem Funktionstraining hat sie gleich nach der Diagnose in der Haller Arbeitsgemeinschaft der Rheuma-Liga begonnen. Sie schätzt den Austausch mit anderen Leidensgenossen, die häufig stärker betroffen sind, und engagiert sich im Leitungsteam.
Schwer heben kann Christel Surmann nicht mehr. Das überlässt sie anderen. Sie ist auch froh, dass es Waschmaschinen gibt. Beim Einkaufen schaut sie genau auf das Etikett. »Handwäsche« bleibt im Laden. Eine OP, um die Beweglichkeit der Gelenke zu fördern, versucht sie zu vermeiden: »Noch kann ich laufen, Fahrrad fahren und schwimmen«.
Christel Surmann hat sich mit der Krankheit arrangiert: »Rheuma wird man nicht wieder los, aber das Leben geht weiter.« Nach wie vor kann sie Gitarre spielen. Sie hat festgestellt, dass dies sogar eine gute Fingerübung ist. Auch wenn es manchmal weh tut.
www.rheuma-liga.de/

Artikel vom 25.04.2007