20.04.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Just wird zur
tragischen
Figur im Spiel

GWD dominiert 45 Minuten

Von Volker Krusche
Minden (WB). Bogdan Wenta war überrascht. »Wir hatten zwar damit gerechnet, dass es in Minden schwer wird. Dass es aber so eng würde, das hatte ich nicht erwartet.

Letztlich konnte der Ex-Nationalspieler seinem Gesicht aber ein Lächeln aufsetzen, denn nur durch das Zutun von GWD Minden ging sein SC Magdeburg nach 60 Minuten als erleichterter 27:24 (11:13)-Sieger vom Parkett der Kampa-Halle.
»Nicht Magdeburg hat heute gewonnen, sondern wir verloren«, brachte es GWD-Kapitän Arne Niemeyer nach dem Schlusspfiff auf den Punkt. Die Grün-Weißen schnupperten nicht nur an der Sensation, sie schienen bis in die Schlussphase sogar auf dem besten Weg, sie auch umzusetzen. Trotz der besseren Startphase der Gäste (0:2, 2:4) ließen sich die Hausherren unter dem Jubel der 2600 Zuschauer nicht abschütteln und wurden für ihre äußerst engagierte Abwehrleistung und ihre konzentrierten und gegenüber vielen Pleiten diesmal nicht überhasteten Angriffsaktionen, an deren Ende sichere Abschlüsse standen, belohnt.
Bis zum 8:9 ging es Tor um Tor, wobei der SCM noch jeweils die Nase vorn hatte. Danach übernahmen die Mannen von Richard Ratka, bei denen Stephan Just gegen seine ehemaligen Kameraden bis weit in die zweite Halbzeit auf der Bank saß, dann aber zum entscheidenden Akteur avancierte, das Kommando.
Die Führung war keinesfalls glücklich, sondern ein Ergebnis des besseren Spiels. Schade nur, dass es die Mindener beim 12:10 (26.) dreimal versäumten, aufzustocken und stattdessen das 12:11 kassierten. Sonst wäre sogar noch mehr als die 13:11-Pausenführung möglich gewesen. Mit der setzten sie allerdings ein deutliches Ausrufezeichen.
Gestützt auf einen überragenden Malik Besirevic (Wenta: »Er hat uns zur Verzweiflung getrieben«), der neben zahlreichen »Hundertprozentigen« (u.a. fünf Kontern) noch fünf Siebenmeter abwehrte, und einer vor ihm sich unterstützenden und überaus aggressiv agierenden Abwehr, die den SCM dabei sogar mit fairen Mitteln stoppte (die ersten Zeitstrafe gab es erst nach 46 Minuten für GWD), behauptete der krasse Außenseiter auch nach dem Wechsel seine Führung.
Zwar schaffte Magdeburg gleich nach Wiederbeginn den 13:13-Ausgleich, davon ließ sich Minden aber nicht beirren und setzte sich wieder auf 15:13 ab. Und wieder besaß man die Chance auf ein Drei-Tore-Polster. Doch diesmal scheiterte der ansonsten starke Snorri Gudjonsson am sich nach der Pause steigernden Silvio Heinevetter. Der war nach 19 Minuten für den enttäuschenden Weltmeister Jogi Bitter gekommen.
Auch beim 16:14 das gleiche Spiel aus Sicht der Hausherren: Wieder bot sich die Möglichkeit, eine größere Differenz zwischen sich und den Gegner zu legen, der just in dieser Phase Karol Bielecki nach einer unfairen Notbremse beim Konter gegen Arne Niemeyer durch rote Karte verlor. Aber wieder klappte es nicht.
Es war der Zeitpunkt, als sich GWD selbst aus dem Spiel nahm. Zum einen zahlte sich Wentas taktischer Wechsel von Oleg Kuleschow in der Angriffsmitte auf den im Eins-gegen-Eins-Verhalten sehr viel druckvolleren Grzegorz Tkaczyk aus, zum anderen gönnte Richard Ratka seinem Spielmacher Snorri Gudjonsson ein Verschnaufpäuschen und schickte für ihn Stephan Just auf die Platte.
Zwei entscheidende personelle Maßnahmen. Während Tkaczyk die Mindener Defensive aushebelte, war es Just, der kurze Zeit später mit vier überhasteten Aktionen (drei Würfen, ein Fehlpass) binnen vier Minuten mitentscheidend für die Wende sorgte. Führte GWD nach 45 Minuten noch mit 19:18, so hieß es sieben Minuten später 19:22. Ratka nahm eine, für viele zu späte, Auszeit und schickte anschließend wieder Gudjonsson für den unglücklichen Just auf das Parkett.
Zu spät, denn Magdeburg hatte dieses Geschenk dankend angenommen und war nicht bereit, es wieder herzugeben. Hinzu kam, dass Arne Niemeyer in dieser Phase am Ende seiner Kräfte schien und GWD durch die nun bröckelnde Abwehr auch Zeitstrafen hinnehmen musste. Schade, denn Minden war lange mehr als nur ein Gegner auf Augenhöhe.
Dennoch war Trainer Ratka nicht unzufrieden. »Ich glaube, dass wir eine gute Leistung abgeliefert haben, Magdeburg uns durch seine Bank aber unsere Grenzen aufgezeigt hat. Mit der Defensive bin ich sehr zufrieden. Verloren haben wir das Spiel diesmal im Angriff. Und da hat Stephan Just heute sicherlich nicht seinen glücklichsten Tag gehabt. Außerdem sind wir in der zweiten Hälfte mal wieder zu ungeduldig gewesen und zu oft über die Mitte gekommen, statt wie im ersten Abschnitt über die Halbpositionen erfolgreich zu sein. Dadurch waren auch unsere Außen nicht mehr so gut im Spiel.«
Bogdan Wenta zog derweil die Kappe vor der Vorstellung der Hausherren. »Uns war klar, dass das hier kein Selbstläufer werden würde. GWD hat ein ganz junges Team, das immer besser wird.«

Artikel vom 20.04.2007