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Schäuble irritiert

Reflexartig ins Nirwana


Nichts in der Tagespolitik ist verlässlicher als der Reflex. Bestimmte Schlüsselwörter geraten zum Stöckchen, über das Kritiker nur zu gern springen.
Erst Wort und Widerwort mögen Debatten zum Gesamtbild fügen und für den Erkenntnisgewinn sorgen. Wenn aber dermaßen offensichtlich wie gestern ein einziges Zitat von Wolfgang Schäuble die versammelte Gegnerschaft ins Nirwana rennen lässt, darf an der Qualität politischer Schnellschüsse grundsätzlich gezweifelt werden. Der Innenminister stellte die Unschuldsvermutung bei der Abwehr von Terrorgefahren in Frage. Dabei zielt Artikel 20 GG einzig auf Beschuldigte in einem Strafverfahren bis zur rechtskräftigen Verurteilung. Dennoch war das Geschrei vom Staatsuntergang gewaltig: Kaum einer merkte, dass der Kaiser gar keine Kleider an hatte.
Auch die Nutzung von Hinweisen auf Anschläge hierzulande, die im Ausland unter Gewalt erlangt worden sein könnten, ist kein echter »Hammer«. Erst das Gegenteil entspräche dem Bild der drei Affen: Nichts hören, nichts sehen, nichts wittern. Und die Telefondatenspeicherung? Auch kein großer Aufreger. Schon heute wird knapp 100 Tage gesammelt. Künftig sind es 180. Reinhard Brockmann

Artikel vom 19.04.2007