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Blumen sind viel zu riskant

Wenn ein Staatspräsident aus Madgaskar auf dem Regionalflughafen landet

Von Karl Pickhardt (Text)
und Kai Hasenbein (Fotos)
Paderborn (WV). Acht Mercedes-Limousinen der S-Klasse aus der NRW-Staatskanzlei, drei winkende Kinder mit selbstgebastelten Fähnchen und ein bettelnder Bürgermeister mit Gästebuch: Der Paderborner Regionalflughafen erlebte gestern Vormittag beim Besuch des Staatspräsidenten von Madagaskar ganz großes Kino. Der internationale Duft der großen weiten Welt wehte in Ahden.

Eigentlich sollten der zehnjährige Tarik Niko Ata und seine Schwester Peri Pia (4) mit Freundin Alina Sophie Schäfer (4) aus dem lippischen Lage Staatspräsident Marc Ravalomanana (57) Blumen überreichen. Das schien Geschäftsführer Axel Gutounik 63) vom gastgebenden Handwerksbildungszentrum (HBZ) Bielefeld viel zu riskant. Schließlich hatte der Staatspräsident auf der Republik-Insel Madagaskar (17,5 Millionen Einwohner) erst im vergangenen November einen Putschversuch überstanden. Da sollte im Paderborner Land kein Risiko mit Blumenkindern eingegangen werden. Die drei im HBZ Bielefeld selbstgebastelten Winke-Fähnchen in den Madagaskar-Nationalfarben weiß-rot-grün waren aber erlaubt.
Den Flughafen-Gästebuch-Tisch mit weißer Lackdecke inspizierte HBZ-Chef Gutounik auch. Erst als der Tisch mit weiß-rot-grünen Bändchen verziert war, erfolgte die Genehmigung. Sicherheitshalber ließ sich der Mann vom HBZ auch noch das Gästebuch des Flughafens zeigen, damit keine Waffe eingeschmuggelt werde. Alles in Ordnung.
Standort-Bürgermeister Wolfgang Runge (Büren) hätte auch gern einen Gästebucheintrag mit in die alte Kreisstadt genommen. »Nein«, wiegelte Gutounik ab. Präsident Ravalomanana trage sich pro Tag nur einmal ins Gästebuch ein. Runge soll mit seinem Buch heute nochmals nach Ahden kommen, wenn der Präsident Richtung Hamburg fliegt. »Er ist mit Papst und Gorbatschow aber in guter Gesellschaft«, pries der Bürener Bürgermeister sein Gästebuch an. Es half nichts: Erst heute ist Autogrammtag. Gestern war der Flughafen dran.
Während sich NRW-Schulministerin Barbara Sommer (58) im schwarz-rot-Design der großen Koalition als Vertreterin der deutschen Regierung zur Begrüßung einfand, bekleckerte sich ein Fähnchen-Kind mit Apfelsaft. Manuela Ata (38) aus Lage reparierte mit einem Tuch schnell das kleine Malheur, ohne dass der strenge HBZ-Chef etwas merkte. Das Kind durfte mit aufs Rollfeld.
Mit 30-minütiger Verspätung landete die beflaggte Präsidenten--Boeing der »Rebuplikani Madagasikara« auf dem einstigen Rübenacker in Ahden. Locker im braunen Sakko ohne Krawatte trug sich der Präsident mit Gattin Lalao ins Flughafen-Gästebuch - beobachtet von drei Madagaskar-Ministern und afrikanischen TV-Kameras. Schon rauschte die Flotte (60 Personen) Richtung Bielefeld. Präsidenten-Sohn Mike (13) bekam eine eigene Staatskarosse.
Der afrikanische Staatspräsident besuchte gestern den Landmaschinenhersteller Claas in Harsewinkel und das HBZ in Bielefeld-Brackwede. Auf Madagaskar sollen mit Bielefelder Hilfe zwölf Handwerksbildungszentren flächendeckend gebaut werden.

Artikel vom 18.04.2007