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Hexenmeister an sechs Saiten

Furios: Konzert mit Tommy Emmanuel

Von Andrea Pistorius
(Text und Foto)
Paderborn (WV). »Hexenmeister« hatte ihn einmal ein Konzertkritiker genannt. Das Wort gefiel Tommy Emmanuel gut, auch wenn er nicht wusste, was damit gemeint war. Das Publikum am Montagabend in der Paderhalle verstand jedoch sofort, was den Zeitungsmann so fasziniert hatte.

Der australische Gitarrist Emmanuel ist nicht nur virtuos in seinem Spiel, sondern auch unglaublich flexibel in seinem Stil - und damit in keine Schublade einzuordnen. Allein steht er mit seinem Instrument vor dem Mikro, ein Verstärker für die Ein-Hand-Bedienung auf einem ramponierten Tisch daneben, und hext, sechs Saiten im Griff, mit überspringender Energie los. Munter mischt er in seinem Programm sanfte Balladen, metallisch dröhnende Rocknummern und mitreißenden Zigeunerswing, bis sich Rhythmus und Melodie in einem Percussion-Feuerwerk verwirbeln, von dem man nie geglaubt hätte, dass dies mit einer Gitarre möglich wäre.
Ein Song in Liedermacher-Tradition besänftigt anschließend die Ohren, die cantable Melodie wird von rhythmischen Bassakkorden getragen und mündet in ein atemberaubendes Crescendo. Klangwellen vibrieren unter den Füßen, die Saiten jaulen unter harten Riffs kreischend auf. Tommy Emmanuel wechselt abrupt Tonart und Tempo, variiert die alte Melodie »Over the Rainbow«, bis er sich das Plektrum zwischen die Zähne klemmt und dann mit Hilfe eins Jazzbesens richtig loslegt. Seine Finger schrubben übers Gitarrenholz, klopfen, zupfen, trommeln, im Gegenrhythmus wirbelt der Besen über den Mikrokopf, der ganze Mann ruckt und zuckt im wilden Rhythmus einer imaginären Partitur.
Die One-Man-Show des Tommy Emmanuel ist grandios. Das Publikum in der nahezu ausverkauften Paderhalle applaudiert und pfeift begeistert - was den Gitarristen zu neuen ekstatischen Performances anfeuert. Doch dann ist auch er erschöpft, verspricht aber wieder zu kommen. Schön!

Artikel vom 18.04.2007