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Das »klassische Modell« Familie abschaffen?

Unsere Kindergärten entwickeln sich immer mehr zu bloßen Aufbewahrungsstätten

Im 24-Stunden-Kindergarten von Schwedt (Uckermark) werden Kinder rund um die Uhr betreut. Genutzt wird er vor allem von Eltern, die im Schichtdienst arbeiten. Foto: dpa

Viel wird über Familienpolitik geredet und in den Medien berichtet, doch sollte man sich fragen, ob es wirklich eine Politik für Familien ist. Oder geht es nicht vielmehr darum, das »klassische Modell« Familie abzuschaffen und aus einer eigentlich ergänzenden Erziehung (Kindergarten, Schule, Tagesstätte) eine Vollzeiterziehung zu machen, in denen Eltern höchstens noch ein (kleines) Mitspracherecht haben?
Ich meine: Zwei so wichtige Aufgaben wie Beruf und Familie kann man nicht gleich gut machen, wenn man beides »unter einen Hut« bringen will.
Kriminalität und Gewaltbereitschaft und Gewalt unter Kindern und Jugendlichen haben drastisch zugenommen, seit immer mehr Frauen zurück in den Beruf drängen und die Ganztagsbetreuung wächst. Immer mehr Kinder haben keinen vertrauten Ansprechpartner mehr, entbehren Zeit, Liebe und Geborgenheit - aus Zeitmangel der Eltern.
Es ist unfair, den Familien den Schwarzen Peter zuzuschieben, indem sie selbst entscheiden könnten, zwischen Beruf und Familie, ob ein Partner zu Hause bleibt oder beide arbeiten gehen. Es ist kaum vorstellbar, unter welchen gesellschaftlichen und inneren Druck Frauen heutzutage stehen, weiter zu arbeiten, und wie häufig man sich rechtfertigen muss, wenn man »nur« Hausfrau ist. Es fragt sich überhaupt, wozu und welcher gering bezahlten Arbeit Frauen nachgehen sollen, als gäbe es nicht schon genug Arbeitslose.
Echte Hilfe wäre, wenn die Familien direkt unterstützt würden. Die finanziellen Mittel, die in Ganztagseinrichtungen gesteckt werden, könnten direkt den Familien zugute kommen, so dass ein Partner wahlweise zu Hause bleiben könnte. Es ist erwiesen, dass der Staat dabei sogar noch Geld sparen würde.
Da immer mehr Ganztagsplätze »aus dem Boden sprießen«, scheinen die Kindergärten auszusterben (Anmerkung: Kindergarten ist der Ort, wo die Kinder vorrangig vormittags betreut werden). Weil die Unterbringung in Ganztageseinrichtungen forciert wird, kommt die eigentliche Kindergartenarbeit zu kurz. Denn wir brauchen uns nicht zu wundern, dass die »Pisa«-Studie so schlecht für unser Land ausgefallen ist. Wir ernten die Saat, die wir gesät haben und noch säen. Kindergarten wird immer mehr zur Aufbewahrungsstätte, wo zu wenig soziales Miteinander gelernt wird, zu wenig angeleitetes Spiel stattfindet, kaum mehr Themen erarbeitet werden wie zum Beispiel: Feuerwehr, Polizei, Bauernhof, Post etc.
Ich selbst bin glückliche Hausfrau und Mutter und gelernte Erzieherin -Êzwar auch nicht immer stressfrei Aber ich genieße es, viel vom Alltag meines Kindes mitzubekommen. Mein Mann ist übrigens kein Großverdiener. Aber ich verzichte lieber mal auf materiellen Konsum für das psychische Wohl meiner Familie.
ANGELA BENTRUP32278 Kirchlengern

Artikel vom 20.04.2007