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Sorge um Zukunft der Kindergärten

Erzieherinnen warnen vor Auswirkungen der neuen Finanzierungsstruktur

Lübbecke (WB). Die Erzieherinnen in den evangelischen Kindergärten sehen mit Sorge in die Zukunft. Grund ist das Konsenspapier »Eckpunkte der zukünftigen Finanzierungsstruktur der Tageseinrichtung für Kinder und Förderung der Tagespflege«.

Dieses Papier wurde von Minister Armin Laschet, kirchlichen Büros, der freien Wohlfahrtspflege und kommunalen Spitzenverbänden am 26. Februar unterzeichnet. Ein zentrales Anliegen dieser Eckpunkte ist es, die Finanzierungsstruktur zu verändern.
»Wie viel Kindergarten braucht mein Kind?« Eltern sollen in Zukunft wählen können, ob ihre Kinder 25, 35 oder 45 Stunden in den Tageseinrichtungen verbringen. Die Erzieherinnen sind verunsichert. »Das Buchungsverhalten ist nicht vorhersehbar. Davon abhängig ist aber in Zukunft, ob es zu Stundenkürzungen bis hin zu weiteren Gruppenschließungen kommen wird. Und das bedeutet Verlust von Arbeitsplätzen«, sagt Edith Meier Heßlau, Fachberatung der Evangelischen Tageseinrichtungen für Kinder im Kirchenkreis Lübbecke. Die vorgezogene Einschulung und zurückgehende Kinderzahlen führten schon jetzt zu Gruppenschließungen. Ob das neue Finanzierungsmodell weitere Konsequenzen für die Mitarbeiter nach sich ziehe oder Maßnahmen zu Kürzungen notwendig mache, sei ungewiss.
Die Erzieherinnen bangen aber nicht nur um ihre Arbeitsplätze. Vielmehr betrifft die Unsicherheit auch den Bildungsauftrag ihrer pädagogischen Arbeit. Im Vordergrund der christlichen Erziehung steht die ganzheitliche Förderung der Kinder, unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten und Bildungsvoraussetzungen der Eltern. »Wir fragen uns, ob sich das 45 Stunden Kontingent in Zukunft nur noch oder in erster Linie Besserverdienende leisten können«, so einige Leiterinnen.
Wenn die Eltern aus finanziellen Gründen vor allem das 25 Stunden Konto in Anspruch nehmen würden, sei die Nachmittagsarbeit nicht mehr durchführbar. Besonders die Nachmittage würden für Projektarbeit und die individuelle Förderung genutzt. Wenn diese Zeiten aus Kostengründen nicht mehr gebucht würden, dann könnten Angebote wie »Club der Schulanfänger«, »Psychomotorisches Turnen«, »Kleine Forscher im Wald« oder »Lernwerkstatt Naturwissenschaft« nicht mehr durchgeführt werden. Die Förderung in diesem Rahmen auf den Vormittag zu legen, sei nur schwer vorstellbar. Vor allen Dingen soziale und kommunikative Kompetenz zu fördern beanspruche die Aufmerksamkeit der Erzieherinnen in dieser Zeit.
Was die finanzielle Situation der Menschen angehe, so erlebten die Erzieherinnen schon jetzt starke Unterschiede. Manche Eltern hätten Mühe, das Geld für das Mittagessen (ca. 30 Euro) aufzubringen. In einem anderen Kindergarten werde die Hälfte der Beiträge für die Kinder von der Stadt bezahlt. Besorgte Eltern würden fragen: »Wird die Stadt oder die Gemeinde den Beitrag auch für 45 Stunden geben?«
Erziehung und Bildung seien ein hohes Gut für die Evangelische Kirche und die ganze Gesellschaft. So wichtig solide Finanzierung und Sparsamkeit auch seien, sie dürften nicht zu einem reinen Wirtschaftsfaktor werden. »Was uns bedrängt ist die Unsicherheit«, betont Edith Meier Heßlau. »Wir können jetzt noch nicht sagen, was auf die Erzieherinnen und was auf die Kinder zukommt.«

Artikel vom 10.04.2007