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Ein Streit, zwei Verlierer

Bürgerbank auf Altem Kirchplatz - Interview mit Thomas Spooren

Gütersloh (WB). Bürgerbank sucht Standort. Die Überraschungsidee der Stadt-Stiftung Gütersloh zum Jubiläum löst nicht überall Freude aus. Teile der Interessengemeinschaft Historischer Stadtkern (IG) kritisieren den von der Stiftung gewünschten Standort am Alten Kirchplatz. Die Spendenbank zerstöre das Ambiente von Güterslohs guter Stube. Sie soll woanders aufgestellt werden. Die Stiftung besteht auf den Standort. Mit dem Gütersloher Architekten Thomas Spooren, Vorsitzender des Gestaltungsbeirates, sucht WB-Redakteur Stephan Rechlin nach Auswegen aus dem Dilemma.

Ist die gewünschte Bürgerbank auf Güterslohs ältestem Platz unzumutbar?
Thomas Spooren: Kommt drauf an, wie sie sich in das Ensemble dort einfügt. Die Bank ist kein Bauwerk, keine Immobilie, für die eine Baugenehmigung einzuholen wäre. Sie ist ein Kunstwerk, über dessen Gestaltung man streiten kann, wie bei jedem Kunstwerk. In ihrem Ausmaß kann die Bank den Alten Kirchplatz nicht dominieren. Sie ist knapp so hoch wie ein Kind, das Laufen lernt. In dieser Höhe sind die gebogenen Stahlstreben, auf die Namen der Spender graviert werden können, bereits enthalten.

Nach Ansicht der Interessengemeinschaft verschandelt die Bank den Platz.
Spooren: Ich kann die Sorge der Interessengemeinschaft ebenso nachvollziehen wie den Wunsch der Stiftung, die Bank möglichst in der Nähe des eigenen Domizils aufzustellen. Doch die Schärfe, die der Streit inzwischen angenommen hat, ist völlig unangemessen. Beide Bürger-Vereinigungen drohen dabei nur zu verlieren.

Inwiefern?
Spooren: Die Tätigkeit der Stadt-Stiftung wird gelähmt. Wer spendet schon für ein umstrittenes Kunstobjekt? Auf der anderen Seite vermindert die Interessengemeinschaft die Chance, jemals zusammen mit der Stiftung Unterstützung für die eigenen Gestaltungspläne zu bekommen. Der Streit um die Bank lenkt von den vielen Gemeinsamkeiten zwischen Stiftung und Interessengemeinschaft ab.

Die Stiftung beruft sich darauf, rechtzeitig beim Gestaltungsbeirat und beim Presbyterium der evangelischen Kirche, dem Inhaber des Platzes, nachgefragt zu haben. Beide Gremien stimmten zu - in geheimen Sitzungen.

Spooren: Der Gestaltungsbeirat kann weder zustimmen noch ablehnen. Wir sind ein reines Beratungsgremium des Stadtrates, Entscheidungen treffen der Rat oder der Planungsausschuss. Der Beirat hat die Aufstellung der Bank am Alten Kirchplatz kontrovers diskutiert. Wir haben empfohlen, die Gestaltung der befestigten Flächen auszuarbeiten. Allerdings waren uns zu diesem Zeitpunkt die Gestaltungspläne der Interessengemeinschaft nicht bekannt. Und der Stiftung und dem jetzigen Presbyterium wohl auch nicht.

Wäre die Entscheidung der Gremien sonst anders ausgefallen?
Spooren: Auf jeden Fall wären Vertreter der Interessengemeinschaft viel früher in die Beratung einbezogen worden. Niemand hat Interesse, etwas gegen den Willen der Anwohner des Kirchplatzes durchzusetzen. Nur zählt die Stadt-Stiftung auch zu diesen Anwohnern. Und das ist doch im Grunde ein Glücksfall für die Interessengemeinschaft. Schauen Sie sich die Interessengemeinschaft am Dreiecksplatz an. Dort finden private und geschäftliche Interessen zueinander und stellen Jahr für Jahr ganz erstaunliche Projekte auf die Beine.

Arbeiten die Bürgervereinigungen tatsächlich auf Augenhöhe? Wer die Arbeit der Stiftung mit dem Erwerb einer Stahlstrebe unterstützen möchte, muss 500 Euro hinblättern. An welche Bürger richtet sich dieses Angebot?
Spooren: An jene, die es sich leisten können und wollen, auf diese Weise etwas für das Gemeinwesen zu tun. In diesem Ziel treffen sich Stiftung und Interessengemeinschaft. Es ist doch nur vorteilhaft für eine Stadt, eine Organisation zu haben, die Mittel und Wege findet, auch gut betuchte Mitbürger für die Gemeinschaft zu gewinnen.

Jetzt sollen das Bauordnungsamt und das Westfälische Amt für Denkmalpflege entscheiden, ob die Bank auf den Alten Kirchplatz darf oder nichtÉ
Spooren: Ganz schlechter Weg. Da wird nur wieder ein Richter gesucht, der ein Urteil fällen soll. Damit es Gewinner und Verlierer gibt. Nein. Stiftung und Interessengemeinschaft müssen sich zusammensetzen und einen Kompromiss finden, bei der nicht das Trennende, sondern das Gemeinsame im Vordergrund steht. Vorschläge für alternative Standorte auf dem Alten Kirchplatz gibt es ja bereits. Darüber hinaus wäre auch über die künftige Gestaltung des Platzes zu reden.

Artikel vom 03.04.2007