31.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Lernspaß mit persönlicher Note

Die Lehrerin ist erst 15 -Ê Seniorinnen drücken ganz entspannt die Schulbank

Von Sebastian Bauer
Verl (WB). »Wie heißt es denn bloß?«. Hermine Steinker ist ratlos. Nachdenklich streicht sich die Seniorin durchs Haar, in der Hoffnung, doch noch auf den richtigen Einfall zu kommen. Den liefert ihr prompt Andrea Altewischer: »Im Englischen heißt es nicht ist, sondern is«, erklärt die 15-jährige Schülerlehrerin beim »EULE«-Projekt am Verler Gymnasium.

Bereits seit Oktober unterrichten bei »EULE - Begegnung JUNG und ALTer-nativ. Schüler unterrichten Senioren« jeden Freitag die jungen Pennäler das ältere Semester. Und das Kursangebot ist groß: Englisch, Computer, Kunst oder Literatur - für jeden »EULE«-Teilnehmer ist das passende dabei.
Hermine Steinker besucht an diesem Freitag zusammen mit Waltraud Wullencord, Maria Dammann, Renate Symann und Katharina Kriftewirt den Englisch-Anfängerkursus. Schon die Begrüßung mit den über 40 Jahre jüngeren »Lehrerinnen« Andrea Altewischer (15) und Caroline Kramme (15) fällt herzlich aus - anders als man es sonst im Unterricht gewohnt ist: »Wie geht's euch beiden? Bist du wieder gesund, Caro? Wie war die Woche?« Doch die beiden »Paukerinnen« kennen kein Pardon. Kaum sitzen die Damen, geht es ans Eingemachte: Hausaufgabenkontrolle. »Die beiden können wirklich unerbittlich sein«, flüstert Waltraud Wullencord ihrer Sitznachbarin Hermine Steinker ins Ohr. Die meldet sich wiederum gleich freiwillig, um ihren kurzen Englisch-Aufsatz zum Besten zu geben: »It Caro healthy again (Es Caro wieder gesund)«, trägt sie vor. Doch Andrea entdeckt sofort den ersten Fehler: »Da darfst du nicht ,it' schreiben, das heißt übersetzt ,es'. Richtig ist ,is' für ,ist'.« Gehorsam berichtigt Hermine Steinker ihren Satz. Währenddessen kümmert sich Caroline um Katharina Kriftewirt. Die fehlte vergangene Woche, als erstmals die englischen Monatsnamen besprochen wurden. Geduldig diktiert sie ihrer Schülerin, die auch locker ihre Großmutter sein könnte, die Bezeichnungen der einzelnen Monate: »January, February, March ...« Dann ist auch Katharina Kriftewirt wieder voll bei der Sache und diskutiert mit den »Klassenkameradinnen« über Hermine Steinkers Aufsatz: »Du bist mir auch eine. Musst es mit deinen Sätzen immer gleich so kompliziert machen«, zwinkert sie ihr mit einem Lächeln zu.
Die Zeit vergeht wie im Flug. Lediglich 45 Minuten dauert eine Unterrichtseinheit, ehe der Kursus gewechselt wird - zwei stehen jedem Teilnehmer an einem Freitag zur Verfügung.
Ob es denn Spaß mache, sich von den jungen Mädels Englisch beibringen zu lassen? »Auf jeden Fall. Es macht sogar sehr großen Spaß«, schallt es fast unisono im Klassenraum. »Dieses Projekt ist viel angenehmer, als wenn man einen Bezahlkursus besucht, wo immer mehr Druck hinter ist«, begründet Maria Dammann stellvertretend für die anderen Frauen. Auch gelernt hätten sie seit Oktober eine Menge: »Vorher konnten wir so gut wie gar kein Englisch. Jetzt können wir sogar schon einiges lesen.«
Das sehen auch Andrea und Caroline so: »Wir haben alle zusammen großen Spaß dabei. Man hat auch mal Zeit, über ganz andere Dinge zu reden, weil der Kursus ja nicht zeitlich begrenzt ist.« Zudem sei es spannend, nun auch einmal anderen Leuten das beizubringen, was man selber in der Schule gelernt hat.
Dass die Damen des Englisch-Seminars sehr gut lernen, beweisen sie dann unverzüglich beim Abschied, der schon in fehlerfreiem Englisch erfolgt: »We will see you again next week (Wir sehen euch nächste Woche wieder).«

Artikel vom 31.03.2007