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Guten Morgen

Beichtstuhl


Liesbeth ist eine fromme Frau. Als sie vor Jahren hörte, dass im MARTa ein Dom gebaut werden sollte, war sie begeistert. Eine Kirche in ihrer Nähe erspare ihr so manchen Gang ins weiter gelegene Gotteshaus. Doch Fehlanzeige. Die Verantwortlichen damals hatten nur fälschlicherweise geglaubt, das englische Wort dome für die große MARTa-Galerie im Gehry-Entwurf bedeute in erster Linie Dom und nicht Kuppel.
Kurze Zeit später neue fromme Kunde aus dem Musenbau: MARTa errichtet eine Kapelle in der Radewig. Doch die Hoetsche Vision wurde für Liesbeth zur bloßen Illusion: die Kapelle entpuppte sich als einfaches Schaufenster mit komischer Kunst, die Liesbeths Vorstellungskraft überstieg.
Und jetzt wieder Frommes: ein Beichtstuhl im Museum! Nichts wie hin, denkt Liesbeth. Denn das mit Elsbeth lag ihr schon lange auf der Seele. Ihr hatte sie erzählt, sie feiere keinen Geburtstag, und hatte sie deshalb nicht eingeladen. Im MARTa nun, so hofft sie, kann sie ihre Sünde beichten. Aber siehe da, im Beichtstuhl im Museum kann man gar nichts beichten, sondern nur etwas zu Europa sagen. O.K., denkt Liesbeth, warum nicht? Schließlich ist es wichtig, dass sich Europa verträgt.
Und das mit Elsbeth? Nun ja, auf die Entschuldigung muss der liebe Gott eben noch ein paar Tage warten, bis sie wieder an einem richtigen Beichtstuhl und nicht an einem Berichtstuhl vorbeikommt.Helga Ruß

Artikel vom 31.03.2007