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Wort zum Sonntag

Heute von Pfarrer Teofil Nemetschek

Teofil Nemetschek ist ehemaliger Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Gohfeld.

Wenn ich im allgemeinen das Wort merkwürdig gebrauche, dann denke ich oft an etwas, was mir eigenartig oder seltsam vorkommt. Ich verstehe zum Beispiel nicht die Handlungsweise eines Menschen und meine, dieser erhalte sich merkwürdig. Oder dies: über mein eigenes Empfinden sage ich hin und wieder: »Mir ist so merkwürdig zumute!« Dabei wird mir sehr bald klar, dass ich mich in einer Lebenslage befinde, die ich noch auf alle Fälle hinterfragen sollte, um die Zusammenhänge besser zu verstehen.
Dies zeigt mit Einschränkung recht einleuchtend, wie merk-würdig in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes etwas durchweg Positives aussagen will im Sinne von: würdig - es ist wert, sich zu merken! Von solchen Überlegungen geleitet, fallen mir weitere merk- beziehungweise denkwürdige Worte ein: Sie helfen mir, beim »Nach-denken« zu so genannten »Aha-Erlebnissen« zu kommen. Damit tun sich mir neue Sichtweisen auf, und ich merke, wie sich Altbekanntes und Altgewohntes verändert.
Solche Worte sind zum Beispiel: (sich) auf-machen, ent-täuschen, heim-suchen, not-wendig, re-signieren, wunder-bar. Ich nehme mir vor, zukünftig nicht allzu leicht-fertig mit solchen Worten umzugehen, weil sie gewiss zur Bereicherung des Lebens beitragen und Ge-danken, also das Denken vertiefen (so gewinnt der von mir jetzt beim Schreiben häufig gesetzte Gedanken-strich eine immer größer werdende Bedeutung und Wertschätzung).
Vor einiger Zeit bin ich neu auf ein an sich bekanntes Wort gestoßen: ein-mischen. Ich verstehe es in zweierlei Hinsicht. Zum ersten mit einem bitteren Beigeschmack, also negativ: »Der mischt sich in alles ein; rührt überall mit rum«, was ja soviel heißt wie: »Das passt mir gar nicht, immer diese Unruhe!« Zum zweiten mit einem hoffnungsvollen Ausblick, also positiv: »Gut, dass sich jemand da einmischt, da rührt sich mal was«, will besagen: »Das hab' ich gern, es verändert sich endlich was, kommt Bewegung in die Sache!«
Beim Weiterdenken fiel mir in diesem Zusammenhang ein hilfreiches Bild aus der Bibel ein, das beide Seiten dieses Wortes, also auch die positive, aufzeigt. Da ist nämlich öfters vom Sauertag die Rede - negativ wie positv! Zum einen negativ: »Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig« (Galater 5,9); der Textzusammenhang meint: wo nur etwas Ungehorsam, nur etwas Lüge, nur etwas Neid und nur etwas falsches Rühmen sich unter Menschen ein-mischen, genügt dies bereits, um alles zu »versäuern«, so dass schließlich jeder auf jeden sauer ist! Zum andern nun das Positive, wenn Jesus sagt: »Das Himmelreich gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und in einen halben Zentner Mehl hin-ein-mischte, bis das ganze durchsäuert war« (Matthäus 13,33), so dass schließlich etwas fein Schmeckendes entsteht: die Freude aufs Brot wie auf den Himmel.
Dazu will nämlich Jesus mit seiner Botschaft von der Liebe Gottes und der Vergebung der Sünden beitragen, dazu hat er sich immer wieder in Sünde und Not ein-gemischt. Dieses Bild vom »Ein-mischen« hat also tatsächlich eine doppelte Bedeutung. Mir wird klar, wie es ganz auf die Motivation ankommt, mit der ich mich ein-mische! Von ihr hängt dann auch die Wirkung ab: Fällt die Sache zusammen oder geht sie auf? Ist Glaube und Liebe dabei oder Angst und Misstrauen? Und gewiss spielt die Quantität eine wesentliche Rolle bei der Frage nach der Qualität - wie soll mangels Masse letztlich Klasse herauskommen?
Ich wünsche mir weiterhin viel Glaubenskraft und -zuversicht, wenn ich mich demnächst wieder einmal ein-mischen werde, und zwar von einem Wort Jesu her, das mich dazu recht motivieren will: »Gebt nur Gott und seinem Willen den ersten Platz in eurem Leben, dann wird euch alles Ýzu-fallenÜ, was ihr nötig habt« (Matthäus 6,33). Wahrhaft ein gutes Wort zum Nach-denken.

Artikel vom 31.03.2007