31.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Von Manfred Stienecke

Paderborner
Perspektiven

Etwas weiße Salbe aufgetragen


Von Montag an wird's wieder eng an der Universität Paderborn. Dann beginnt nach den Zwischenferien erneut die Vorlesungszeit. Mit dem für den Studieneintritt traditionell schwächer frequentierten Sommersemester kommen zwar »nur« 250 Erstsemester neu an die Hochschule. Aber die »Studentenlawinen« der vergangenen Jahre haben ihre Nachwirkungen und werden den Lehrbetrieb auf dem Campus noch eine geraume Weile erschweren. Über proppenvolle Hörsäle, überfüllte Unterrichtsräume, abgewiesene Seminarteilnehmer und überlastete Dozenten haben wir zuletzt immer wieder berichten müssen. Eine fühlbare Entspannung lässt weiter auf sich warten.
Dabei hätten die Studierenden jetzt eigentlich ein Recht darauf, ordentliche Studienbedingungen einzufordern. Immerhin zahlen alle angehenden Akademiker seit diesem Sommersemester 500 Euro Studiengebühren pro Halbjahr, von der Hochschule als »Beiträge« deklariert. Alle Proteste des vergangenen Jahres blieben ungehört, sogar die zehntägige Rektoratsbesetzung vermochte den Senat nicht zu beeindrucken. Studienbeiträge, so der Tenor im Rektorat, seien unverzichtbar, um die Studienbedingungen dauerhaft wettbewerbsfähig zu halten. Tatendurstig genehmigte man sich deshalb auch gleich noch den Höchstbetrag.
Was mit dem Geld - nach Abzug der von der Zahlung freigestellten Härtefälle und der obligatorischen Überweisung an den Ausfallfonds immerhin stolze 4,5 Millionen Euro - überhaupt passieren soll, darüber besteht auch ein Jahr nach dem Gebührenbeschluss noch völlige Unklarheit. Erst im Februar wurde ein entsprechendes Gremium einberufen, das eine Regulations- und Kontrollfunktion übernehmen soll. Über den Löwenanteil sollen ohnehin die fünf Fakultäten eigenständig entscheiden. Lediglich 30 Prozent der Summe fließt direkt ans Rektorat - für zentrale Aufgaben der Lehre, sprich Anschaffungen beispielsweise für die Uni-Bibliothek oder die mediale Ausstattung von Hörsälen und Seminarräumen.
Als blanken Hohn empfinden viele Studenten die Zusage des Senats, parallel zur Gebühreneinführung für ein großzügiges Stipendienmodell zu sorgen, das sowohl begabten wie vor allem auch bedürftigen Akademikern zugute kommen solle. Der mit viel Tamtam verkündete OWL-Stipendienfonds der fünf regionalen staatlichen Hochschulen (Uni Paderborn, Uni Bielefeld, FH Bielefeld, FH Lippe-Höxter, Musikhochschule Detmold), in den vor allem die heimische Wirtschaft einzahlen soll, erweist sich für die Paderborner Studierenden bislang als ziemlich mickriges Feigenblatt. Ein einziger Student (von gut 14 000) ist im vergangenen Winter mit einer einmaligen Fördersumme von 1000 Euro bedacht worden - das reicht gerade mal, um zwei Semster lang seine Studienbeiträge entrichten zu können.
Auch die vom Kreis Paderborn gestiftete Fördersumme von 5000 Euro pro Semester ist nicht viel mehr als die sprichwörtliche »weiße Salbe« auf die offene Wunde. Hier trifft auf jeweils fünf Studierende das gleiche zu wie für den OWL-Stipendiaten. Wohl gemerkt: hier sollen nicht die hehre Absicht und der gute Wille in Abrede gestellt werden. Aber den großen Motivationsschub werden diese bescheidenen Förderinstrumente wohl kaum auszulösen imstande sein, zumal sie nur einem Promillebruchteil aller Studierenden zugute kommen.
Die formale Rechtmäßigkeit von Studienbeiträgen ist in dieser Woche in einem landesweit erstmals entschiedenen Musterprozess vom Verwaltungsgericht Minden bestätigt worden, und auch einer zweiten Musterklage, mit dem die Paderborner Studentenschaft den ihrer Ansicht nach verletzten Vertrauensschutz der bereits länger studierenden Kommilitonen auf ein gebührenfreies Studium überprüfen lassen will, wird von Fachleuten nur wenig Aussicht auf Erfolg eingeräumt. Juristisch scheint das Rektorat auf der sicheren Seite zu sein. Nun kommt es darauf an, rasch die mit der Einführung der Studienbeiträge verbundenen praktischen Schritte zur Verbesserung der Lehre zu tun - und sich der Selbstverpflichtung zu stabilen sozialen Flankierungsmaßnahmen zu stellen.

Artikel vom 31.03.2007