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Schock folgt die Gelassenheit

FCG will trotz stark reduziertem Etat um die neue Regionalliga mitspielen

Gütersloh (dh/cas). Auch das letzte Plädoyer von Norbert Wöstmann gegen eine Fortführung seines Präsidentenamtes beim FC Gütersloh 2000 stimmte die 98-köpfige »Jury« im Gütersloher Brauhaus nicht gnädig. Das einstimmige Urteil: sechs Monate ohne Bewährung für Norbert Wöstmann.

Denn bewährt hat sich der 53-Jährige längst - und so setzt die treue FCG-Gemeinde weiter auf sein Zugpferd, das den Karren zumindest schon aus dem allerdicksten Mist herausgezogen hat.
»Ich kann es zeitlich nicht machen. Frank Welsch hat sechs Stunden pro Tag für den FCG geopfert, Michael Prüfer war 24 Stunden lang für den Verein da. Ich schaffe nur zwei. Aber ein Präsident muss anfassbar sein«, hatte Norbert Wöstmann vergeblich versucht, noch kurzfristig einen Nachfolger zu finden. Vergeblich. Die Vertreter der insgesamt 884 Mitglieder erklärten sich sogar damit einverstanden, dass der fünffache Familienvater (»Ich engagiere mich aber auch in anderen sozialen Bereichen«) künftig nur noch »im kleinsten zeitlichen Rahmen« seinen Verpflichtungen als FCG-Präsident nachkommen wird, der seine Wahl mit den Worten »es bleibt mir nichts anderes übrig« annahm.
Neben vier Personen, die ungenannt bleiben wollten, hatte Norbert Wöstmann im Vorfeld den ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden der Bertelsmann AG, Jochen Werner, sowie Ex-FCG-Vize Reinhard Beckord, den ehemaligen Sparkassen-Direktor Dieter Winkler und Vereinsgaststätten-Inhaber Peter Roggenkamp als mögliche Nachfolger angesprochen - ohne Erfolg. Auch der Versuch, Klaus »Pin« Eusterhus als Präsidenten und Dr. Rainer Schils (war bereits von 1978 bis 1991 FCG-Vorsitzender) als zweiten Mann im Vorstand zu gewinnen, scheiterte. »Ich fasse das als Scherz auf«, antwortete »Retter« Schils auf den Kandidatur-Vorschlag Wöstmanns, der übrigens eine Kooperation mit dem Westfälischen Golfclub Gütersloh anstrebt. »Das Wort Fusion darf ich ja nicht laut sagen, das will keiner hören«, machte Norbert Wöstmann allerdings deutlich, dass er durchaus Sympathie für die Verschmelzung mit einem zweiten Fußballklub empfinden würde.
Die weitere Reduzierung des Gesamtetats um 350 000 auf rund 800 000 Euro bereitet Wolfgang Grübel derweil kein allzu großes Kopfzerbrechen. »Damit war ja zu rechnen, deshalb bin ich auch nicht überrascht«, kommentierte der Sportliche Leiter des FCG den unvermeidbaren Sparkurs gelassen. Auch für Christian Knappmann sind die aktuellen Zahlen kein Grund, die Fußballflucht zu ergreifen. »80 Prozent aller Oberligisten müssen mit einem kleineren Budget klarkommen«, glaubt der Torjäger, dem allerdings ein kleiner Rechenfehler unterlaufen sein dürfte. Denn die 800 000 Euro stehen nicht ausschließlich der ersten Mannschaft zur Verfügung, sondern verteilen sich auf alle Abteilungen des Vereins.
Auch wenn das Oberligateam allenfalls die Hälfte dieser Summe beanspruchen kann, sieht Wolfgang Grübel den FCG keineswegs chancenlos, wenn es um die Tickets für die neue Regionalliga geht. »Die meisten Konkurrenten können aus finanziellen Gründen auch nicht personell groß aufrüsten. Und viel mehr als bei uns kriegen die Spieler woanders auch nicht«, hat sich »Wolla« bereits kundig gemacht. Außerdem sei der FCG weiterhin für viele eine erstklassige Adresse - dafür spräche das Interesse von Akteuren aus Lippstadt und Delbrück, die sich bei Grübel angeboten hätten. Das Ziel des Sportlichen Leiters, der den Flirt von Trainer Thomas Stratos mit Union Berlin keineswegs dramatisch und beunruhigend findet (»Unsere Spieler sprechen ja auch mit anderen Klubs«) ist es, mit 13 bis 14 gestandenen Oberliga-Kickern in die nächste Saison zu gehen. Der restliche Kader soll mit eigenen Nachwuchsleuten komplettiert werden.
Außerdem gibt Wolfgang Grübel zu bedenken, dass ein gutes Betriebsklima wichtiger sei als das liebe Geld. »Die Stimmung ist so super wie in den Anfangszeiten des FC Gütersloh mit den Motivatoren Paco Castillo und Jürgen Heddinghaus«, erinnert sich der einstige FCG-Verteidiger gern an die ersten Jahre des damaligen Fusionsvereins.

Artikel vom 29.03.2007