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Ergreifende Klangintensität und lyrische Farben

Künstlerisches Highlight zum Abschluss der 31. Dammhauskonzert-Saison

Von Heike Susanne Festerling
Bünde (BZ). Mit dem jungen, sympathischen Cellisten Gavriel Lipkind begeisterte ein ganz besonderer Künstler am Sonntagabend das Bünder Publikum in der Laurentiuskirche. Ein Soloabend für Cello, das hat es in 31. Jahren Dammhauskonzerte noch nie gegeben. Umso interessanter und beeindruckender sollte das Konzert werden.

Die dritte und sechste Suite von Johann Sebastian Bach für Violoncello Solo bildeten den einen Programmschwerpunkt, kontrastierend dazu wurden zwei moderne Werke von Paul Ben-Haim und György Ligeti zu Gehör gebracht.
Mit den Suiten in C-Dur und D-Dur standen zwei großartige Werke Bachscher Kompositionskunst auf dem Programm und bereits mit den ersten Tönen dieses Konzertes konnte der aufmerksame Zuhörer erahnen, dass ein ganz besonderer Künstler in der Laurentiuskirche zu Gast war. Sie zeigten von Anbeginn das Besondere in Gavriel Lipkinds Vortrag. Er verschmolz mit seinem Cello zu einer musikalischen Einheit und ließ das Instrument Bachs Kantilenen förmlich singen. Keine technische Schwierigkeit konnte ausgemacht werden, Virtuosität und ein schier unglaubliches Gespür für eine leidenschaftliche Interpretation paarten sich hier aufs Feinste. Vor allem die wunderbar herausgespielten Strukturen und dynamischen Abstufungen ließen das Spiel dieses begabten Cellisten einmalig wirken. Bachs Suiten stellen ein Höchstmaß an Anforderungen an den Künstler und werden nicht umsonst als die »Bibel des Cellisten« bezeichnet. Erst Pablo Casals hat sich an dieses gardum ad panassum herangewagt und das Bünder Publikum konnte Zeuge einer bravourösen Interpretation der Suiten 3 und 6 durch Gavriel Lipkind werden.
Mit den zwei Sätzen aus der »Music for Violoncello« des israelische Komponisten Paul Ben-Haim stellte Gavriel Lipkind zugleich eine Verbindung als auch einen Kontrast zu Johann Sebastian Bach her. Diese sehr intensive und ergreifende Musik nahm den Bachschen Duktus wieder auf und führte sie weit in die Moderne hinein. Haims deutsche Wurzeln, das Studium der klassischen Musik, wurden verschmolzen mit jüdischer und arabischer Musik und gaben dem Werk eine ganz eigene Klangfarbe. Sehr schön fügten sich Gavriel Lipkinds Erläuterungen in das Programm, so dass das Publikum auf die Pfade der alten und neuen Musik gut folgen konnte. Technisch wurden bei diesem Werk, das der israelische Komponist erst kurz vor seinem Tod fertig komponierte, allerhöchste Ansprüche von dem Cellisten verlangt, aber Gavriel Lipkind stellte sich ihnen in einem kongenialen Vortrag, der technisch und musikalisch höchste Meisterschaft verriet.
Auch das letzte Werk diese Abends, die Sonate für Cello von György Ligeti, die 1948 bis 1953 entstanden ist, offenbarte noch einmal das ganze musikalische Können des außergewöhnlichen Cellisten. Im ersten Satz herrschten noch Klangintensität und lyrische Farben vor, während sich der zweite Satz ganz in Richtung auf Ligetis spezielle Clustertechnik hin entwickelte. In einem atemberaubenden Tempo wechselten sich hier die verschiedensten Spieltechniken ab, die Gavriel Lipkind furios und phänomenal zu präsentieren wusste.
Das Bünder Publikum war hingerissen und wurde mit einer sehr feinen Zugabe belohnt, mit einer Etüde von Duport, die dieser im romantischen Duktus nach J. S. Bach umgeschrieben hat. Ein ganz besonderer Konzertabend für Cello solo fand so ein wunderschönes Ende.

Artikel vom 28.03.2007