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Ovationen für
diese »Lucia«

Detmold bot den Opernhöhepunkt

Von Hansjürgen Kochanek
Herford (HK). Wahrhaft »große Oper« wurde im Stadttheater geboten! Das Lippische Landestheater bescherte mit Gaetano Donizettis »Lucia di Lammermoor« in italienischer Originalfassung einen wirkungsvollen Höhepunkt im dramatischen Fach der musikalischen Saison.

Mutig war es von den Detmoldern, die Titelpartie - mit der »Wahnsinnsarie« als Messlatte für Koloratursopranistinnen - mit einer jungen Kraft zu besetzen. Doch die bildhübsche, zierliche Hyun-Ju Park brauchte sich nicht an der Leistung einer Callas messen zu lassen, die Kurt Honolka in »Große Primadonnen« schildert. Sie setzte eigene Maßstäbe und riss das Herforder Publikum zu Standing Ovations hin.
Das Libretto folgt dem Roman »Die Braut von Lammermoor« von Sir Walter Scott. In der an blutrünstigen Balladen und Intrigen reichen Geschichte Schottlands ist die »Lucia« als eine Romeo und Julia-Adaption mit einem Schuss Shakespearscher Königsdramen angesiedelt.
Die düster dräuende Dramatik der Handlung wird aufgehellt durch die Musik. Donizettis leichte und ansprechende Melodik ist ebenso wirkungsvoll wie die dramatische Kraft und empfindungsreiche Tiefe. Das klang schon im Vorspiel auf, als das unter Leitung von Jörg Pitschmann klaglos agierende Orchester Zwiesprache hielt zwischen Harfe und Blech samt Schlagwerk.
Die Inszenierung von Frank Düwel setzte voll auf italienisches Belcanto: Wann immer möglich agierten die Protagonisten und der sehr gut eingestellte Chor en face zum Publikum. Wahrhafter Höhepunkt aber blieb das Herzstück der Oper: Die schottische Edeldame Lucia hat in ihrer Verzweiflung den ungeliebten Bräutigam erdolcht und erscheint traumwandlerisch, einer Ophelia gleich, mitten in der Hochzeitsgesellschaft. Hyun-Ju Park schwebte herein, der Welt schon entrückt. Mit marionettenhaften Bewegungen, dann wieder lächelnd wie im höchsten Glück. Gleich in den ersten zarten, glockenreinen Tönen bebt eine abgrundtiefe Trauer. Sie steigert sich dann in die Kadenzen des Irrsinns, in der sie mit der Flöte wetteifert. Sie gleitet durch die komplizierten Schleifen der Melodienführung und krönt die Szene des Zusammenbruchs im höchsten Ton, sängerisches Glanzstück und erschütternder Todesschrei gleichermaßen.
Beinahe hätte Herford auf die Aufführung verzichten müssen, denn erst durch fieberhaftes Bemühen gelang es in letzter Stunde, für den erkrankten Sänger des Edgard von Rawenswood Ersatz zu schaffen: Hervorragenden, wie der aus Kiel »eingeflogene« Hector Sandoval stimmlich wie darstellerisch bewies. Auch alle anderen Partien waren überzeugend besetzt: So mit Andreas Jören als Lord Henri Ashton, Jae Won Yang als Raimond Bidibend und Markus Gruber als Norman.

Artikel vom 27.03.2007