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Rassisten sind dumm und schwach

Idole aus dem Sport, Mathias Hain und Marcel Ndjeng, fordern Zivilcourage

Von Monika Schönfeld
(Text und Fotos)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Marcel Ndjeng geht mit fremdenfeindlichen Sprüchen locker um. »Ich denke, dass die gar nicht mich meinen können«, sagt der dunkelhäutige Mittelfeldspieler des Bundesligisten Arminia Bielefeld. »Meine Mutter ist Deutsche, mein Vater Afrikaner. Wenn einer Schwarzer sagt, kann er mich nicht meinen. Ich bin ein Mischling.« Marcel Ndjeng und Arminia-Kapitän Mathias Hain diskutierten am Mittwoch mit Schülern im Gymnasium über fremdenfeindliche Tendenzen in Deutschland.

Das Gespräch moderierte Lehrer Markus Barlage, es diskutierten die Schüler Natalie Patzek und Felix Wildemann, Bürgermeister Hubert Erichlandwehr und Hora-Chef Dr. Dieter Dresselhaus - Vertreter aus Sport, Schule, Politik und Wirtschaft also. Stars des Abends waren natürlich die Sportler - aber gerade Idole aus dem Sport tragen eine große Verantwortung, sagte eine Mutter aus dem Publikum. Lehrern und Eltern eiferten Jugendliche nicht so sehr nach wie ihren Vorbildern aus dem Sport.
Mathias Hain berichtete, dass in fast jeder Fußballmannschaft Spieler verschiedener Nationalitäten sind. »Für uns ist das ganz normal.« Als er Anfang der 90-er Jahre für Braunschweig gespielt habe, seien die farbigen Spieler von den Gegnern oft mit Urwaldlauten empfangen worden. »Wie dumm muss man sein, wenn man so den Gegner niedermacht?« Es sei aber besser geworden - auch weil die Fans heute weitaus besser betreut und organisiert seien.
Marcel Ndjeng ist zu der Zeit, als er noch für Paderborn spielte, wegen seiner Hautfarbe nicht in eine Diskothek gekommen. »Das ist blöd gelaufen. In solch einen Club will ich gar nicht. Das Presseecho war aber gewaltiger als ich tatsächlich beleidigt war.«
Die Schüler Felix Wildemann und Natalie Patzek sehen rassistische Sprüche und Vorurteile auch in ihrem Alltag. »Da wird einer ausgegrenzt, nur weil er eine Macke hat«, so Wildemann. »Manches ist vielleicht lustig gemeint, aber verletzend«, so Natalie Patzek. Wildemann spielt im Anne-Frank-Theaterprojekt, Patzek ist Ausstellungsbegleiterin für »Ein Mädchen aus Deutschland«.
Dr. Dieter Dresselhaus machte deutlich, dass Rassismus in den USA und in Südafrika noch nicht lange überwunden seien. Für sein Unternehmen ist Ausländerfeindlichkeit ein Fremdwort. »Jeder Zweite bei uns hat nur deshalb Arbeit, weil Deutschland Exportweltmeister ist.« Ausländerfeindlichkeit sei ein Zeichen von Angst, Furcht und Nichtwissen. »Die beste Prävention ist, über den Tellerrand zu gucken und reisen, reisen, reisen. So wird man offen für andere Kulturen.«
Für die Politik sprach Bürgermeister Hubert Erichlandwehr. Wenn rechtsradikale Parteien in Landtage einziehen, bereite ihm das Sorge. Auch in einer stabilen Demokratie müsse man sich mit Rassismus auseinandersetzen. »Die Tendenz ist, dass das Gespür für Rassismus nicht mehr da ist. Dem naiven Nichtwissen muss Wissen gegenüber gestellt werden.« Dass zur Fußballweltmeisterschaft Ausländer gewarnt worden sind, Gegenden Deutschlands zu meiden, ist für Erichlandwehr keine Lösung. »Man darf sich auf No-Go-Areas nicht einlassen. Radikalen darf man keinen Quadratmeter überlassen.«
»Was kann ich tun, wenn jemand angegriffen wird«, wollte ein Paderborner Schüler wissen. Ndjeng: »Personen, die rassistisch sind, sind selber schwach. Ihre Stärke haben sie nur in der Gruppe. Keine Angst, dass ihr selber etwas abkriegt.« Hain ermutigte, Zivilcourage zu zeigen, auch wenn man sich allein gegen eine Gruppe stellt. Markus Barlage, der Applaus und Lob für die Organisation des Anne-Frank-Theaterprojekts, der Ausstellung und der Podiumsdiskussion erntete: »Deutlich Flagge zeigen und sich gegen Rassismus zu positionieren, das ist mir ein Anliegen, das ist der Grund für das Projekt.«

Artikel vom 23.03.2007