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Mester-Stühle weniger steil

Theater reagiert auf Kritik des Publikums - 329 Rückenlehnen verstellt

Enger/ Bielefeld (sas/vz). Es waren Nachtschichten nötig. Dafür aber ist es vollbracht: Bei allen 329 Stühlen im Rang des Stadttheaters hat der Engeraner Großraumbestuhler Kai-Uwe Mester (44) die Rückenlehnen ein wenig mehr nach hinten geneigt.

Davon erhoffen sich Theaterleitung und Theaterstiftung nun ungetrübten Kulturgenuss. 653 neue Stühle hatte das Stadttheater nach der Sanierung bekommen. Unbedacht angeschafft wurden sie nicht: Mester lieferte Probestühle, die getestet, »besessen« und bewertet wurden. »Unser Ziel war ein möglichst körpergerechter Stuhl«, betonte Günther Tiemann von der Theaterstiftung.
Allerdings: Es kamen bald die ersten Klagen von Theaterbesuchern, die Karten für den Rang erstanden hatten: Die Lehnen seien zu steil, man sitze beengt. »Dabei waren die Rückenlehnen auf dem Rang bewusst steiler gestellt: Beim Blick von oben auf die Bühne neigt man sich eigentlich stets etwas vor, diese Haltung sollten die Lehnen stützen«, erklärt Tiemann. Manch einer aber wollte das Geschehen auf der Bühne nicht mehr von hoch oben verfolgen, es gab, erzählt Verwaltungsdirektor Klaus-Dieter Giersch, sogar die Drohung, Abonnements abzubestellen.
Also wurde versuchsweise die Lehne eines Sitzes auf dem Rang um 4,5 Zentimeter nach hinten verstellt und reihenweise probegesessen. »Das Urteil war eindeutig: Alle fanden die weniger steile Lehne besser«, sagt Dieter Powitz, stellvertretender Intendant. Also investierte die Theaterstiftung erneut 5000 Euro, und Großraumbestuhler Mester ging Freitag zusammen mit zwei Facharbeitern nach der letzten Vorstellung ans Werk. Bis Mittwoch war alles vollbracht - ohne Aufführungen oder Proben zu stören. Mittels jeweils zweier Winkel wurden die Lehnen der Stühle um 4,5 Zentimeter nach hinten verstellt. »Wenige Zentimeter, die den Kunstgenuss unbeeinträchtigt ermöglichen«, so Hagen Reuning, Theaterstiftung. Mester atmete auf: »Es ist alles in Ordnung, das freut uns«.
Ändern will Giersch noch die Einstufung der Logenplätze: Sie gehören zur Preiskategorie I. Tatsächlich ist die Sicht nicht von jedem Platz in der Loge gut - auch, weil das Sicherheitsgeländer die Aussicht stört. »Mit der nächsten Saison wird die Loge deshalb niedriger eingruppiert.«

Artikel vom 23.03.2007