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Liturgie vor dem Karfreitag

Collegium Vocale gestaltet Passionskonzert in der Abteikirche Marienmünster

Marienmünster (WB). Ein Passionskonzert mit Responsorien von Gesualdo di Venosa bietet das Collegium Vocale (Col Voc) im Rahmen der »Geistlichen Konzerte« am 1. April um 15 Uhr in der Abteikirche. Das ColVoc wurde vor zehn Jahren mit Musikern aus Detmold und Leipzig gegründet.

Das Solisten-Ensemble ColVoc Detmold-Leipzig, eine sinnfällige Einheit zwischen Künstlern aus Ost und West mit dem Altus Yves Michael Kiffner, den Tenö-ren Jürgen Wüstefeld, Stefan Ehring, dem Bass Hans-Peter Bendt sowie dem Organisten der Abteikirche, Hans Hermann Jansen, wird mit dem Programm »tenebrae« Gregorianik, Polyphonie der Spätrenaissance und die Responsorien von Don Carlo Gesualdo di Venosa vorstellen.
Die Liturgie vor dem Karfreitag hatte an den italienischen Höfen des 17. Jahrhunderts eine beeindruckende symbolische Dramaturgie. Von Carlo Gesualdo, dem melancholischsten unter den italienischen Madrigalkomponisten, ist ein Zyklus der bewegenden Vertonungen der Texte erhalten.
Es ist nicht sicher, ob Gesualdos Responsorien für die heiligen Tage der Karwoche jemals bei der Matutin der Mönche in einem neapolitanischen Kloster gesungen wurden, oder ob der Fürst von Venosa sie nach ihrem Erscheinen 1611 nur für sich allein in seiner Privatkapelle aufführen ließ. Die Texte der Responsorien, erfüllt von lebendigen und prägnanten Visionen, inspirierten Gesualdo zu einem seiner schönsten, erhabensten und zugleich erschreckendsten Werke. In der Form eines Responsorienzyklus bietet es eine vollständige Erzählung der Passionsgeschichte und ist eines der frühesten Beispiele für die kompromisslose Auseinandersetzung der Musik mit dem emotionalen Inhalt eines Textes. Gesualdos musikalische Umsetzung ist expressiv, affektiert und also ganz auf den inneren Ausdruck des Textes ausgelegt.
Das Werk Gesualdos hat bis ins 20. Jahrhundert kaum Beachtung gefunden, zu radikal entzogen sich seine Kompositionen den Konventionen seiner Zeit. Sowohl in Ausdruck und Textinterpretation als auch in der Harmonieverwendung beschritt er Wege, die sich erst Jahrhunderte später in der Romantik bzw. gar im 20. Jahrhundert etablieren sollten. Igor Strawinsky (1882-1971) gilt als einer der Wiederentdecker Gesualdos und bezeichnete sich selbst als dessen legitimen Nachfolger. Die Tenebraepolyphonie zählt zu den eindrucksvollsten und faszinierendsten Werken der Musikgeschichte.
Umrahmt werden die Gesualdo-Motetten von Orgel- und Vokalmusik aus der Spätrenaissance und der klassischen Moderne über den Psalm »De profundis« und der Bitte um Frieden »Da pacem, Domine - Verleih uns Frieden« in Kompositionen von Heinrich Schütz und Johann Walter und anderen. Weitere Informationen im Büro der Musikfreunde unter der Rufnummer 05231 23493.
Vorbild der des Col Voc-Ensembles sind die »Hilliards« aus England, sie selbst sind anderen ein Vorbild. Und mittlerweile gibt es sie seit mehr als zehn Jahren, die fünf Männerstimmen, die sich als Collegium Vocale kurz »ColVoc« inzwischen einen besonderen Namen gemacht und ein ausgezeichnetes Renommee ersungen haben. Gegründet wurde das Vokalensemble im Jahre 1993. Anlass war die Wiedereröffnung des Diözesanmuseums in Paderborn. Dort ist Hans Hermann Jansen seit vielen Jahren künstlerischer Mitarbeiter, und man wandte sich an ihn als Sänger und Musikpädagogen bei der Suche nach einem Ensemble, das Altes und Zeitgenössisches auf hohem Niveau singen könnte.
»Absicht war und ist, die Polyphonie der Renaissance nach vorne zu bringen, weil wir überzeugt sind, dass diese Musik eine unerreichte Blüte in der Musikgeschichte hat«, sagt Jansen.


Artikel vom 23.03.2007