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Prüfung wird zur Geheimsache

Mit großen Sicherheitsvorkehrungen starten die Schulen ins neue Zentralabitur

Von Peter Bollig
Gütersloh (WB). Elektronische Verschlüsselung, geheime Codes, Vier-Augen-Prinzip - die Vorbereitungen auf die Abiturprüfung gleichen in diesem Jahr einer geheimen Kommandosache. Weil die Prüfungsaufgaben zur Premiere des Zentralabiturs übers Internet verschickt werden, steht an den Schulen die Sicherheit im Vorfeld der Klausuren im Mittelpunkt.

In Gütersloh stellen sich rund 350 Schüler der Jahrgangsstufe 13 den Prüfungen. Die angehenden Abiturienten mit Deutsch als Prüfungsfach sind die ersten, die ins neue Zentralabitur starten: Am Montag um 9 Uhr öffnen sie die versiegelten Umschläge mit den Prüfungsaufgaben. Und auch die Fachlehrer erfahren dann erstmals, welche Themen aus den vergangenen zwei Unterrichtsjahren abgefragt werden. Denn anders als in der Vergangenheit stellen diesmal nicht sie die Aufgaben zusammen, vielmehr erhalten landesweit alle Schüler in den jeweiligen Fächer die selben Prüfungsfragen aus Düsseldorf.
»Das soll zu einer Vergleichbarkeit der Leistungen aller Schüler in NRW führen«, sagt Dr. Siegfried Bethlehem, Leiter des Städtischen Gymnasiums. Aber nicht nur die Fragen, auch die Benotung der Antworten soll vereinheitlicht werden. So haben die Schulen im Vorfeld einen »formulierten Erwartungshorizont« als Leitfaden erhalten, der auch Teilnoten für bestimmte Antworten vorgibt. Somit gebe es keinen größeren Spielraum bei der Benotung, betont Dr. Bethlehem, zumal dem Fachlehrer der jeweiligen Schule ein Zweitkorrektor zur Seite gestellt, der von einer anderen Schule kommt.
Dass in den Prüfungen nun vom Schulministerium aus Themen abgefragt werden könnten, auf die die Lehrer ihre Schüler nicht hinreichend vorbereitet haben, diese Sorge haben Dr. Bethlehem und Oberstufenkoordinator Hans Heitjohann nicht. Das Schulministerium hatte für die Oberstufe zusätzlich zum Lehrplan eine Liste mit den prüfungsrelevanten Themen herausgegeben, »die konnten wir ohne weiteres abarbeiten«, sagt Hans Heitjohann. Und auch die Schüler haben nicht den Eindruck, dass ihre Lehrer den Stoff mit Blick aufs Zentralabitur unter großem Zeitdruck durchgepaukt hätten. »Aber sie haben sich schon sehr genau an den Lehrplan gehalten«, glaubt Stufensprecher Johan Axenpalm (19), früher hätten die Lehrer wohl mehr Raum gehabt, eigene Themenschwerpunkte im Unterricht zu setzen. Mitschülerin Chiara Fuhrmann (18) sieht einen Nachteil für die Schüler durch das Zentralabitur: »Wenn der Lehrer die Prüfungsaufgaben früher selbst gestellt hatte, konnte man als Schüler oft ahnen, welche Antwort er haben wollte.« Dass die Aufgaben im neuen Zentralabitur zu schaffen sind, glauben auch die Schüler: einige von ihnen haben Probeklausuren durchgespielt und gesehen, dass sie zu lösen sind.
Bevor's am Montag mit den Prüfungen los geht, mussten die Prüfungsaufgaben am Freitag von der Internetseite des Schulministeriums heruntergeladen werden. Und weil die Schulverwaltung sicher gehen will, dass auf diesem Wege kein Hacker vorzeitig an die Klausuraufgaben kommt, herrschen strenge Sicherheitsvorkehrungen. Nachdem die elektronisch verschlüsselte Datei mit den Aufgaben heruntergeladen wurde, muss sie auf einen anderen, nicht mit dem Internet verbundenen Rechner kopiert werden, wo sie entschlüsselt wird. Dazu hat Rektor Dr. Siegfried Bethlehem per Post einen Code erhalten, den er im Safe der Schule aufbewahrt hat. Dort liegen bis Montag auch die zuvor kopierten und in einen versiegelten Umschlag gelegten Aufgaben. »Bei all diesen Schritten gilt das Vier-Augen-Prinzip«, erläutert Dr. Bethlehem: Jeweils ein Vertreter der Schulleitung und der Oberstufenleitung sind bei diesen Vorgängen dabei.
Die größte Sorge im Vorfeld war, dass das Herunterladen der Dateien nicht funktioniert. Aber dafür, verriet Konrektor Ernst Volland, der für den Download zuständig ist, gebe es einen »Plan B«. Wie der funktioniert, wollte er nicht verraten - auch hier hat die Sicherheit Vorrang. Auf den »Plan B« musste er am Freitag aber nicht zurückgreifen: »Die Übertragung der Aufgaben hat geklappt.«

Artikel vom 24.03.2007