22.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Schon der erste Tanz wird bejubelt

Gulbenkian Orchester Lissabon und Lise de la Salle brillieren im Meisterkonzert

Gütersloh (WB). Das achte Meisterkonzert war am Dienstag Abend einem Orchester aus Portugal vorbehalten: Das spielfreudige Gulbenkian Orchester Lissabon unter der Leitung von Lawrence Foster präsentierte in der Stadthalle Gütersloh zunächst drei der acht Slawischen Tänze opus 46 von Antonin Dvorák, zelebrierte danach zusammen mit der hoch begabten, jungen Klaviersolisten Lise de la Salle aus Frankreich das virtuose Klavierkonzert Nr. 1 Es-Dur von Franz Liszt und ließ schließlich Robert Schumanns »Frühlingssymphonie«, die Symphonie Nr. 1 B-Dur, erklingen.

»Das Konzert fängt mit der Zugabe an«, sagte lachend der prächtig aufgelegte Lawrence Foster, der aus seiner Zeit als Generalmusikdirektor in Duisburg über sehr gute Deutschkenntnisse verfügt, nach dem Eröffnungsstück, dem populären Slawischen Tanz Nr. 5. Das Stück ist mit knapp fünf Minuten so kurz und gleichzeitig so beliebt, das es gerne als Zugabe »missbraucht« wird. Das Gulbenkian Orchester Lissabon eröffnete nun den Abend mit der lebensfrohen Komposition und ließ danach auch noch die Tänze Nr. 6 und Nr. 1 erklingen. Beim Publikum kamen die kurzen Stücke zur Eröffnung so gut an, dass sich selbst eingefleischte Konzertbesucher - ganz entgegen der üblichen Gepflogenheiten - schon nach dem ersten Tanz zum Applaus hinreißen ließen.
Franz Liszt, aus dessen Feder das folgende Klavierkonzert Nr. 1 Es-Dur stammt, sagte 1837, dass er fest entschlossen sei »das Studium und die Entwicklung des Klavierspiels erst aufzugeben, wenn ich alles getan habe, was nur irgend möglich ist.« Dementsprechende Ansprüche stellen Liszts Klavierkonzerte an den Solisten - eine Herausforderung, welche die gerade 18-jährige Lise de la Salle aus Cherbourg im kongenialen Zusammenspiel mit dem sensibel begleitenden Orchester mit Bravour meisterte. Die Französin spielt bereits seit dem vierten Lebensjahr Klavier, begann mit elf Jahren am Conservatoire Supérieur in Paris das Studium der Musik und begegnet den großen Werken der Klavierliteratur schon jetzt mit einer bewundernswerten Souveränität. An diesem Abend erwies sie sich der Solistenrolle jedenfalls als vollauf gewachsen, wohingegen ihr der begeisterte Applaus des Publikum etwas suspekt erschien. Erst da konnte man feststellen, dass hier eine gerade mal 18 Jahre alte Künstlerin auf der Bühne steht.
Den zweiten Teil des Konzertabends bestritt das Gulbenkian Orchester Lissabon mit der »Frühlingssymphonie« von Robert Schumann, die der Komponist 1841/1842 »in jenem Frühlingsdrang, der den Menschen wohl bis ins höchste Alter hinreißt und jedes Jahr von neuem erfüllt«, schrieb. Diesen Aufbruchscharakter spiegelt auch die Musik wider - eine Tatsache, die Lawrence Foster und seine Musiker erstklassig herauszuarbeiten verstanden. Am Ende gab es - nach den Slawischen Tänzen zu Beginn - sogar noch eine zweite Zugabe: Das hinreißende Scherzo Brillante des hierzulande gänzlich unbekannten portugiesischen Komponisten Joly Braga Santos. Collin Klostermeier

Artikel vom 22.03.2007