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Jungen päppeln Mäuslein auf

Konstantin und Julian Sowa kümmern sich um winziges »Findelkind«

Von Annemarie Bluhm-Weinhold
Steinhagen (WB). Tic ist ein Winzling: nur sieben Zentimeter lang (mit ausgestrecktem Schwanz!) und wenige Gramm schwer. Doch seine »Väter« hält er auf Trab. Sogar nachts. Tic ist ein mutterloses Spitzmaus-Baby, das Konstantin (10) und Julian (8) Sowa mit der Flasche aufpäppeln.

Flasche ist eigentlich zuviel gesagt: Es ist eine Spritze, aus der die Jungs mit Wasser verlängerte Kondensmilch träufeln. Blitzschnell hat das Mäuslein die weiße Flüssigkeit von Konstantins Handfläche geschleckt. »Er hat immer Hunger«, kommentiert Julian. Tic hat ordentlich zugelegt in den vergangenen Tagen und ist um rund ein Drittel größer geworden, seitdem der Vater der Jungs, Reinhold Sowa, beim Umwerfen des Komposthaufens auf das Nest mit zwei kleinen Spitzmäusen traf. »Ganz rosa waren sie da noch«, erzählt Mutter Susanne Sowa. Eine Stunde lang ließ sie das Nest noch liegen, doch die Mäuse-Mama fand sich nicht ein. »Und wir konnten die Kleinen ja nicht erfrieren lassen«.
Ihre Söhne nahmen sich des verwaisten Nachwuchses an - und zwar gerne. Die beiden Babys weckten offenbar Muttergefühle in den beiden Jungs, die es bisher nur mit Fischen und Meerschweinchen als Haustieren zu tun gehabt hatten. Doch wie geht man mit ihnen um? Konstantin, Julian, Schwesterchen Johanna (3) und die Eltern starteten erst einmal eine umfangreiche Recherche zur Hege und Pflege von Spitzmaus-Jungen und wurden im Internet schnell fündig.
So bauten sie ein ausrangiertes Aquarium mit Sägespänen und Heu und einer untergelegten Heizdecke zum Brutkasten um. So stand Konstantin in den ersten Nächten sogar zweimal auf, um die Babys zu füttern, die auf Tic und Tac (wie die Halspastillen) getauft wurden. Bei 40 Grad muckeliger Wärme, Kondensmilch und Babyheilnahrung fühlten sich die Tierchen wohl. »Ich hätte ihnen anfangs keine Chance eingeräumt«, gibt Susanne Sowa zu. Und Tac hat es auch nicht geschafft. Aber Tic lebt: »Es ist toll anzusehen, wie er sich entwickelt«, sagt Konstantin. Julian hat ihn schon mitgenommen in die »Mäuseklasse« der Georg-Müller-Schule. Und Susanne Sowa hat ihn den Kindern ihrer »Spatzengruppe« bei der Landeskirchlichen Gemeinschaft gezeigt und ihnen viel über Spitzmäuse erzählt.
Übrigens sind sie eigentlich gar keine Mäuse, sondern Raubtiere. Größe hin oder her - »die Spitzmaus gehört zur Familie der Maulwürfe und Igel«, verkündet Julian. Sie hat auch keine Mäusezähnchen, sondern ein »Raubtiergebiss«, so das Internet. Und deshalb will sie demnächst auch Insekten und Regenwürmer fressen. »In vier Wochen wollen wir sie an das Leben in der Natur gewöhnen und so schnell wie möglich aussetzen«, so Susanne Sowa. Eine Ankündigung, bei der die beiden »Mäuse-Väter« erst einmal schlucken müssen...

Artikel vom 22.03.2007