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Eine Persönlichkeit mit viel Humor

Richterin Gerburg Koltzsch geht in den Ruhestand

Von Wolfgang Clemm
Herford (HK). Heute vollendet Richterin Gerburg Koltzsch ihr 65. Lebensjahr, am Monatsende tritt sie in den wohlverdienten Ruhestand. Damit verliert das Herforder Amtsgericht eine herausragende Persönlichkeit, die in mehr als 30 Dienstjahren ein wichtiges Kapitel Geschichte dieser Behörde geschrieben hat, wie Direktor Bernd Kahre betont.

Ihre großen Qualitäten bei aller persönlicher Bescheidenheit und ihr charakteristischer trockener Humor werden im Hause fehlen.
Gerburg Koltzsch durchbrach die Familientradition: Beide Eltern und die älteren Geschwister waren im Schuldienst, der Vater arbeite als Rektor in Riemsloh. Dort und in Melle wuchs auch die heutige Jubilarin auf, das Abitur legte sie am Mädchengymnasium in Osnabrück ab.
Als Studienort wählte sie Hamburg und belegte neben vier Semestern Politologie und Soziologie auch schon Juravorlesungen, bevor sie sich ganz dieser Studienrichtung zuwandte, die damals nur fünf Prozent Studentinnen aufwies. Das Referendariat absolvierte sie in Niedersachsen, zog aber schon nach Herford, bevor sie - als Mutter von zwei Kindern - das zweite Staatsexamen bestand. Die ersten neun Monate der dreijährigen Proberichterzeit war sie beim Landgericht Bielefeld tätig, anschließend wurde sie zu je 50 Prozent bei den Amtsgerichten Herford und Bünde eingesetzt, bevor sie eine Planstelle in Herford bekam. Nach kurzer Bekanntschaft mit dem Strafrecht fand sie nach der Familienrechtsreform ihren Schwerpunkt: Am 1. Juli 1977 wurde auch in Herford ein Familiengericht geschaffen, dass sich Gerburg Koltzsch und Annemarie Lützenkirchen teilten. Dieses juristische Neuland umfasste Scheidungen, Sorgerecht, Unterhalt, Zugewinn, inzwischen auch Kindschafts- sowie Pflegesachen (früher Vormundschaften bzw. Entmündigungen).
In Herford gehörte Gerburg Koltzsch zu den Mitbegründern eines Arbeitskreises mit Kinderärzten, Lehrern und Sozialarbeitern, die gemeinsam neue Wege für die Belange der Kinder suchten. Ebenso belastender wie lohnender Schwerpunkt war für die Familienrichterin die Rolle der Kinder bei familiären Problemen.
Nach der deprimierenden Erkenntnis, dass damals beispielsweise Strafgefangene weitaus besser untergebracht waren als etwa psychisch Kranke, richtete die Bundesregierung nach der Psychiatrieenquete 16 Modellregionen ein. Gerburg Koltzsch wurde für die Koordinatorenfunktion des Herforder Modells für zwei Jahre freigestellt. Das psychosoziale Zentrum und die Tagesklinik wurden gegründet, viele Kranke aus den Anstalten zurückgeholt, die noch heute bestehende erste Wohngemeinschaft am Ortsieker Weg wurde gegründet.
Gerburg Koltzsch schätzt an der Aufgabe einer Familienrichterin, dass man menschlich und persönlich gefordert ist und nicht nur juristisches Wissen praktiziert.

Artikel vom 22.03.2007