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Gute-Laune-Feuerwerk im Kloster

Westfälisches Landestheater Castrop-Rauxel gastiert mit »Himmel auf Erden«

Von Frederik Becker
Brakel (WB). Die Lebensfreude, die dieses Musical ausstrahlt, steckte jeden im Publikum an. Eine absurd-komische Story, »scheinheilige« Charaktere und mitreißender Gospel-Gesang machten »Himmel auf Erden« zu einem himmlischen Feuerwerk guter Laune.

»Wir sind erfreut über die große Resonanz«, wie Walburga Neu vom Kulturring Brakel angesichts eines nahezu ausverkauften Hauses betonte. Denn hätte das Ensemble des Westfälischen Landestheater vor gähnend leeren Stuhlreihen spielen müssen (was keinen Seltenheitswert hätte), wäre das fraglos vertane Schauspiel- und Gesangsleitung gewesen.
Der Erfolgsfilm »Sister Act« mit Whoopi Goldberg basiert auf diesem Musical von Wilfried Achterfeld - und spätestens seit diesem Erfolgsfilm ist die Verbindung von klösterlicher Abgeschiedenheit und der »unchristlichen« Welt des Showbusiness eine Garantie für humorvolle Zweideutigkeiten.
Denn unter dem schützenden Mantel des Klosters verbergen sich nur auf den ersten Blick tugendhaft-züchtige Nonnen. Die stiefmütterlich-barsche Äbtissin Albertina spielte dabei die Glanzrolle des Abends: Ariane Clairmont verstand es, auf der einen Seite die autoritäre Klostermutter zu geben und auf der anderen Seite den »Sünden« zu verfallen - obwohl Alkohol, Schokolade und Männer doch eigentlich tabu sind.
Doch immerhin steht die Zukunft der Klosterschule auf dem Spiel: Sie soll in dreißig Tagen abgerissen werden und einem Parkplatz weichen. Die fünf beherzten Nonnen mit ihren Klosterschülerinnen leisten erbitterten Widerstand und suchen nach Wegen, ihr Gotteshaus zu retten. Wie gerufen kommt da der vermeintliche Journalist Klaus Heiter (nicht ganz trinkfester Sunnyboy mit Lederhose: Andreas Kunz), der über die fatale Situation in der Zeitung berichten will.
Er bringt die Nonnen auf die Idee, mit einer Fernsehshow das nötige Geld zum Erhalt des Klosters einzubringen. Die anfängliche Skepsis der Nonnen weicht einer zunehmenden Begeisterung - Gesang, Tanz, Lebensfreude und vor allem den teilweise zynischen Humor hatten sie auch schon vorher im Blut . . . Eine in ihrer Absurditäten fast nicht zu überbietende Geschichte und die rundum gelungene Bühnenshow dieses Musicals sorgte für viel Applaus und etliche heitere Lachsalven im Publikum.
Musikalisch wurde zwischen den Szenen ebenfalls Erstklassiges geboten. Ob mitreißende Songs wie »My God«, »Use Me Lord« und »I Will Follow Him«, einfach nur fröhlicher Gospel wie »Oh Happy Day« oder Traurig-Besinnliches wie »Let It Be« - die von Ronald David und Otto Demler (Songtexte: Peter Zentner) komponierten Lieder wurden variantenreich und auf die jeweilige Situation passend von den fünf Nonnen sowie dem überaus begabten Chor der Klosterschülerinnen interpretiert. Begleitet wurden sie vom Lippe-Saiten-Orchester unter der Leitung von Tankred Schleinstock am Keyboard. Leider erst im zweiten Teil des Musicals wurde auch lichttechnisch eine passende Atmosphäre geschaffen.

Artikel vom 21.03.2007