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Kiss-Nelly macht Lust auf Frühling

Sabine Steinhauer gewährt Einblicke ins Gewächshaus der Gärtnerei Kemminer

Von Malte Samtenschnieder
(Texte und Fotos)
Bad Oeynhausen-Bergkirchen (WB). Sabine Steinhauer ist Frühlingsmacherin. In den Gewächshäusern der Gärtnerei Kemminer zieht die Floristin tausende Tulpen auf. An Pflanzen aus eigener Züchtung knüpft die Bergkirchenerin hohe Ansprüche. »Was die Frische der Schnittblumen anbelangt, macht uns so schnell keiner etwas vor.«

Experte für die Tulpenaufzucht in der Gärtnerei Kemminer ist Richard Kemminer. Seit mehr als vier Jahrzehnten kümmert sich der Blumenliebhaber um die Kultivierung der farbenfrohen Frühlingspflanzen. »Derzeit haben wir zehn Sorten im Sortiment«, erzählt der Seniorchef. Die gelbe Monte-Carlo, die orange Kiss-Nelly, die rote Arma und die weiße Inga gehörten seit Jahren zu den beliebtesten Tulpen. »Ab und zu probieren wir aber auch einige der vielversprechenden Neuzüchtungen aus.«
Streng genommen beginnt für Gärtnerei-Inhaberin Sabine Steinhauer und ihre Mannschaft die Tulpensaison bereits im Herbst. »Ende September, Anfang Oktober kommen die Zwiebeln in die Erde«, sagt die Floristin. In Gruppen von 30 bis 35 Stück werden die Knollen in mit Landerde befüllte Holzkisten gesetzt. Geliefert wird das Saatgut aus der holländischen Tulpenregion um die Stadt Lisse.
»Solange es geht, bleiben die Tulpen dann im Freien«, ergänzt Richard Kemminer. Drohe Frost, kämen die empfindlichen Pflanzen aber ins Gewächshaus, wo sie bei einer Temperatur von zwei Grad eine Winterruhe erfahren. Der Zeitpunkt für den Transport zur »Treiberei« (Kemminer) hänge vom gewünschten Blühzeitpunkt ab. »Nach zwei, drei Wochen bei 20 Grad sind die Tulpen nämlich verkaufsfertig.«
Und genau in dem vernünftigen Temperaturmanagement liegt das Geheimnis, warum in der Gärtnerei Kemminer zwischen Weihnachten und Muttertag ständig frische Tulpen zu haben sind. Steinhauer: »Aus Erfahrung wissen wir ja, wie groß die Nachfrage zu welcher Zeit ist - entsprechend müssen wir dann das Wachstum vorantreiben oder aufhalten.«
Doch nicht nur die passende Temperatur ist ausschlaggebend für ein prächtiges Gedeihen. »Die Tulpen fühlen sich am wohlsten in guter Erde mit dem pH-Wert sechs«, weiß Richard Kemminer. Zudem bräuchten die Pflanzen viel Wasser. »An sonnigen Orten mehr, an schattigen weniger.«
Auf die Frage, warum die Gärtnerei Kemminer nicht auf die arbeitsintensive Tulpenaufzucht verzichtet und wie viele Mitbewerber auf dem Großmarkt Ware aus Holland zukauft, hat Sabine Steinhauer eine klare Antwort: »Weil uns die Qualität am Herzen liegt.« Aufgrund mehrerer Zwischenhändler seien die Großmarktpflanzen zwei, drei Tage unterwegs, bis sie zum Kunden kommen. »Das dauert zu lange.«
Reich werden könne man mit Tulpen aber nicht. »Die Zeiten, in denen die Zwiebeln drei Pfennige pro Stück gekostet haben, sind vorbei«, ergänzt Richard Kemminer. Zudem sinke die Nachfrage, da Blumen inzwischen fast an jeder Straßenecke zu haben seien. »Vor zehn, 15 Jahren war das noch anders. Da haben wir 50 Prozent mehr an Tulpen produziert.«
Obwohl die aktuelle Tulpensaison gerade erst richtig in Fahrt kommt, denkt Sabine Steinhauer bereits über das nächste Jahr nach. »Die Blumenzwiebelvertreter preisen bereits jetzt ihre Ware für 2008 an.« Bleibt abzuwarten, ob dann wieder Monte-Carlo, Kiss-Nelly und Co. in Sabine Steinhauers Gunst vorne liegen.

Artikel vom 21.03.2007