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Von Gespenstern und Geisterbahnen

Fußball-Bezirksliga: Preußen Espelkamp gibt den Titelkampf offiziell auf - »Kopf-Probleme«

Von Ingo Notz
Espelkamp (WB). Vorbei! Aus und vorbei! Beim FC Preußen Espelkamp ist die Schonzeit vorbei - und die Jagd auf die Bezirksliga-Krone auch. Nach dem peinlichen 2:3 beim VfL Herford ist eine neue Jagd eröffnet - Spielertrainer Uwe Korejtek bläst das Halali auf die alten Tugenden. Zurück in die Zukunft?

Die Gegenwart: vier Rückrundenspiele, nur fünf Punkte. Aber Komplemente ohne Ende. »Wir werden jede Woche vom Gegner zugeschleimt: 'Ihr seid die Besten'! Wenn das einer von den Jungs hört, dann prosten die sich doch schon wieder zu!«, regt sich Korejtek darüber mächtig auf: »Ich kann das nicht mehr hören! Das Gespenst Meisterschaft wollen wir nicht mehr im Kopf haben!« »Weißt Du, was mich ankotzt?«, fragte dann auch Willi Rogalsky seinen Chef: »Dass hier immer alle nur vom Meister reden.« Und Taten vermissen lassen. . .
Ein Espelkamper brachte es auf den Punkt: »Die spielen ja jetzt so wie es der TuS Tengern gegen uns im Pokalfinale gemacht hat: arrogant und hochnäsig«. Direkte Worte, die aber den Kern der Krise freilegen. Preußen hat das Fußball spielen nicht verlernt, aber der Kopf spielt nicht mehr mit. »Da fehlt der Geist. Das ist traurig. In der Halbzeit bin ich lauter geworden, habe Tacheles geredet. Das waren Sachen, die kann ich nicht nachvollziehen!«, ärgerte sich Korejtek in erster Linie über das Defensivverhalten seiner Mannschaft.
Und spart auch nicht mit Kritik an einzelnen Spielern: »Jan Hiller? Das war gar nichts. Aber es war nicht nur er. Mario Warkentin ist ein Schatten seiner selbst, Willi Rogalsky? Nix, spielt nix, bewirkt nix. So ist das bei fast jedem zurzeit. Jeder spielt mit - aber mehr auch nicht. Wir stehen drei, vier Meter weit weg, dabei trainieren wir die aggressive 'Rangehen. Ich stehen vor einem Rätsel.« Wenige Ausnahmen von der Regel: »Auf Philippi, Peters und Krucke kannst Du Dich verlassen. Und sonst? Wer hat denn die letzten Tore vorbereitet?« Nun, meistens der Spielertrainer selbst -Ê oder eben der A-Jugendliche Christian Gieselmann bei seinem zwei Einsätzen. Der Ex-Bielefelder trumpfte Donnerstag groß auf gegen den TüV Herford - und durfte Samstag nicht zur Ersten, »weil die A-Jugend ein wichtiges Spiel gegen den Tabellenletzten hat.« Am Sonntag, wohlgemerkt. . . So schlägt sich Preußen seit Wochen selbst. Gieselmanns Personalie macht es deutlich: Preußen hat das Potenzial - ruft es aber nicht ab. Das normale Mittelfeld der »Ersten« spielt seit Wochen absolut unterdurchschnittlich. Weit an den Möglichkeiten vorbei. Und da liegt das Problem: Nach vorne kommen die giftigen Pässen nicht mehr, nach hinten wächst dadurch der Druck auf die auch nicht mehr so kompromisslosen Abwehr, die in der Hinrunde die Nummer eins der Liga war. »Bestes« Beispiel für das Mittelfeldproblem war auch in Herford einmal mehr ausgerechnet der Kapitän: Mario Warkentin. Der trug sein Leibchen 80 Minuten fast tatenlos auf der linken Bahn spazieren - Samstag eine Geisterbahn. Und Korejtek fehlte wohl auch etwas der Mut, hier mit dem Rückkehrer Christian Wüppenhorst etwas Neues auszuprobieren, immer auch in der Hoffnung, dass der begnadete Techniker Warkentin mit einer Einzelaktion doch für die Wende sorgen könnte. Auch diese Hoffnung wurde enttäuscht. Und Gieselmann, der mögliche Ersatz für den Kreativbereich mit Zug zum Tor, der gezeigt hat, wie wertvoll er für die Erste sein kann, darf seitens der »A« nicht. »Wenn man so eine Option hat wie wir, sollte man sie nutzen und alles fixieren, um oben dran zu bleiben. Nächstes Jahr kommen Bünde und Klosterbauerschaft runter, da sind dann sieben, acht, neun Mannschaften, die hoch wollen«, warnt der Trainer mit Weitblick.
Zudem hat Korejtek bei seiner jungen Truppe einen Substanzverlust festgestellt. Und kritisiert: »Zur Zeit arbeiten sie zuviel mit dem Kopf. Und der ist schon bei Petershagen und Bustedt. Das eigene Ding, das uns in der Hinrunde so stark gemacht hat, das steht bei zu vielen derzeit an letzter Stelle! Ich werde der Mannschaft zeigen, dass mir das nicht gefallen hat. Dienstag werde ich, was ich noch nie gemacht habe, Einzelnen vor der versammelten Mannschaft auf die Füße treten, damit sie wach werden. Sie wissen, dass sie Bockmist gemacht haben - aber das reicht mir nicht! Ich will jetzt eine Reaktion sehen!«

Artikel vom 20.03.2007