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Joi, joi, Mamam: Das war
ein mitreißender Abend!

»Victoria und ihr Husar« original aus Budapest


Herford (HK). Die alte Operette, oftmals totgesagt, muss sich nicht vom Musical den Rang ablaufen lassen. Es kommt nur darauf an, sie dem Publikum in einer Verpackung anzubieten, die dazu verlockt, aufgewickelt zu werden. Was am Sonntag im Stadttheater zum Vorschein kam, war eine rundum gelungene, mitreißende Inszenierung von Paul Abrahams »Victoria und ihr Husar« - original aus Ungarn importiert.
Die Gäste der Operettenbühne Budapest boten ein Musterbeispiel, an dem sich heimische Bühnen manches Scheibchen abschneiden können. Das begann schon mit einer werkgerechten, nicht »progressiv« auf modern getrimmten Inszenierung der künstlerischen Leiter, Andrea Zsadon und Tibor Szolnoki. Das Bühnenbild bewies, dass auch ein Reiseensemble in ansprechender, Kulisse agieren kann: Mit geringen, aber passenden Stilmitteln wurden japanische, russische und letztlich - »joi, joi, Mamam!« - ungarische Atmosphäre heraufbeschworen, unterstützt von den blitzsauberen, landestypischen Kostümen (Barna Toth).
Hinzu kam eine ausgezeichnete musikalische Leistung des gut besetzten Orchesters. Nur anfangs hatte Kapellmeister Pal Ronai gewisse Schwierigkeiten das Blech zu zügeln, das die Sänger zuzudröhnen drohte.
Doch in allererster Linie war die sich in häufigem Szenenapplaus und einem immer erneute Zugaben herausfordernden Schlussbeifall äußernde Begeisterung des Publikums dem Ensemble auf der Bühne zu danken. Eljen!
Als kleine Einschränkung sei angemerkt, dass Jozsef Viragh als Husarenrittmeister Koltay stimmlich indisponiert schien, und auch Andrea Zsandon in der Titelpartie musste sich erst freisingen. Da ist es ein besonderer Vorzug, dass die »gute, alte« Operette dem Buffopaar stets großen Raum gewährt. Was Jozsef Bozso als Offiziersbursche Jancsi und vor allem die quirlige und bildhübsche Trixi Teremi als Kammerkätzchen Riquette an Tänzen bis hin zur Parterreakrobatik auf die Bühne zauberten, riss einfach mit. Ebenbürtig an ihrer Seite das dritte Brautpaar: Ob mit in die Beine fahrendem Czardas oder jazzigen Rhythmen, Judit Gal als O Lia San und Andras Petöcz als lässiger Graf Ferry überzeugten - auch als musikalische Rundumbegabung mit einem Klarinettenduo. Ihnen zur Seite mit vornehmer Zurückhaltung der Patron der Truppe als Gesandter John Cunlight.
Hansjürgen Kochanek

Artikel vom 20.03.2007