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Attraktiver und aktiver denn je

Petra Gerster und die Frau um 50

Von Andrea Pistorius
(Text und Foto)
Paderborn (WV). »Der 50. Geburtstag ist eine Zäsur.« Jeder weiß das, und auch Prominente wie Petra Gerster haben daran zu knacken. Sie, die Erfolgsjournalistin, ließ sich operieren und schrieb ein Buch - und sagt darin Dinge, die die 550 Gäste ihrer Paderborner Lesung bisher vielleicht nur zu denken wagten.

»Wir sind die Generation der jüngsten Fünfzigjährigen, die es je gab«, ist die »Heute«-Moderatorin überzeugt. »Und zugleich haben wir, anders als unsere Mütter oder Großmütter, ganz schön viel an der Backe«. Frauen in der Lebensmitte haben häufig noch für Kinder im Teenageralter und gleichzeitig für altgewordene Eltern zu sorgen, sie sind berufstätig und gesellschaftlich engagiert. Dabei fühlen sie sich jung und voller Energie, schmieden Zukunftspläne und sind zufriedener denn je.
Das aber sei eine rein persönliche Sicht, hat Petra Gerster, Jahrgang 1955, festgestellt. Was andere von den Fünfzigjährigen halten, sei dagegen deprimierend bis diskriminierend. Plötzlich steht ein Jugendlicher im Bus auf und bietet seinen Sitzplatz an, jüngere Arbeitskollegen rütteln am Posten und immer wieder dringen Sätze ans Ohr wie: »Für ihr Alter sieht sie ja noch ganz gut aus«. Dagegen helfe nur ein Gedanke, schreibt Gerster: »Fünfzig ist besser als fünfundsiebzig, und wenn ich die fünfundsiebzig mal glücklich erreicht haben sollte, möchte ich trotzdem die hundert noch erleben«.
Doch so ganz selbstverständlich vermag auch eine vom Erfolg verwöhnte Frau nicht über den Ärgernissen des Älterwerdens zu stehen. Nadelstiche nennt sie diese alltäglichen Erinnerungen an die Unaufhaltsamkeit der Zeit und meint damit Pigmentflecken auf dem Handrücken, plötzliche Champagner-Unverträglichkeit und Migräneattacken. Ihr Publikum nickt zustimmend: Es ist zu 95 Prozent weiblich und im selben Alter wie die Autorin. Auch diese Frauen erleben, dass Männer sich nicht mehr nach ihnen umschauen - obgleich sie sich attraktiver fühlen als mit 30. Auch sie finden es ganz natürlich, Haare zu färben und Schlupflider operativ liften zu lassen, weil sie doch mitten im Leben stehen und aktiv sind.
Petra Gerster ist mutig, wenn sie sie sich öffentlich mit ihrer Lebenssituation auseinander setzt, und dies tut, ohne zu kokettieren oder peinlich zu werden. Sie ist einfach ehrlich, recherchiert klug und spricht Gleichaltrigen aus Herz und Seele. »Wir sind eine enorm interessante Generation«, sagt die Journalistin selbstbewusst, »und wir sind viele, nämlich die Baby-Boomer der Nachkriegszeit«. Und nicht nur deshalb wird sich ihr Buch gut verkaufen. Vielleicht auch bei Männern - künftigen Frauenverstehern.
Ratschläge gibt es jede Menge auf insgesamt 287 Seiten, aber ohne Imperativ. Petra Gerster plädiert in »Reifeprüfung - Die Frau von 50 Jahren« für die Suche nach dem persönlichen Weg durch diese Lebensphase.

Artikel vom 16.03.2007