14.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Zeitungsfoto weckt
alte Erinnerungen

»Mein Vater war letzter Kapitän auf der Preußen«

Kreis Herford (HK/bu). Als Wilfried Kiesau aus Uffeln die VLOTHOER ZEITUNG aufschlug, glaubte er seinen Augen nicht zu trauen: »Das ist doch Vaters Schiff», staunte er nicht schlecht über ein historisches Foto, mit dem ein Bericht über die Brückenbaugesellschaft Vlotho-Uffeln von 1927 illustriert war.

Die Aufnahme zeigt die »Preußen«, eines der größten Raddampfer-Schlepper, die bis 1954 auf der Weser ihren Dienst tat.
»Mein Vater, Fritz Kiesau, war von 1947 bis 1954 der letzte Kapitän auf der »Preußen, die zur Schlepper-Flotte der Bremen-Mindener Schifffahrtsgesellschaft gehörte und 1954 außer Dienst gestellt wurde. Trotz intensiver Suche findet sich kaum noch ein Foto von diesem Schiff, das seinerzeit auf einer Werft bei Bremen verschrottet wurde«, berichtet Wilfried Kiesau, der sich seit einigen Jahren intensiv mit der Biografie seines Vaters beschäftigt und sich daher auch für die Geschichte der Weserschiffe interessiert.
Aber auch er selbst hat noch schöne Kindheitserinnerungen an das Schiff. »Als kleiner Junge habe ich meinen Vater oft auf der ÝPreußenÜ begleitet, wenn er die Lastkähne, die Holz, Kohle, Zellulose, Getreide geladen hatten, von Hannoversch Münden bis Bremerhaven geschleppt hat«, erzählt der 65-Jährige. »Das 90-Grad-Weserknie bei Vlotho war bei den Schiffern immer als schwer passierbare Stelle gefürchtet. Sie nannten es die ÝVlothoer GasseÜ«, erinnert er sich.
Vater Fritz Kiesau war mit Leib und Seele Binnenschiffer. 1903 in Erder im Kalletal direkt an der Weser geboren, zog es ihn schon als 14-Jährigen auf den Fluss. Damals trat er eine Lehre als Schiffsjunge auf einem Schleppschiff der Bremen-Mindener-Schifffahrtsgesellschaft an, unter deren rot-weißem Emblem er 40 Jahre lang gefahren ist. Während des Krieges war er auf dem Versorgungsschiff »Roland« auf der Weser eingesetzt.
1947 wurde Fritz Kiesau Kapitän auf der »Preußen«. Mitte der 50er Jahre verdrängten die schmaleren Schraubenschiffe allmählich die Raddampfer. 1954 kam dann auch für die »Preußen« der Tag der Außerdienststellung. »Mein Vater fuhr noch bis 1963 als Kapitän auf dem Frachter ÝMindenÜ, bevor er endgültig an Land ging. Bei einem Elektroteile-Hersteller hat er noch bis zu seinem 70. Lebensjahr gearbeitet«, erinnert sich Wilfried Kiesau.

Artikel vom 14.03.2007