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Medea - oder das Sehnen nach Tod

Packender Monolog im Dunkeln

Von Andrea Pistorius
(Text und Foto)
Winkhausen (WV). Wer großes Leid erlebt hat, den kann der Tod nicht mehr schrecken. Medea geht deshalb völlig furchtlos durch den Herbst ihres Lebens - in einer Inszenierung des Turmalin-Theaters ein packendes Ein-Personen-Drama.

Rund 150 Zuschauer erlebten in der Zehntscheune des Kulturgutes Winkhausen einen Theaterabend wie er selten geworden ist: absolute Dunkelheit und Stille im Raum, auf der schwach erhellten Bühne eine Schauspielerin, die mit einem 80-minütigen Monolog ihr Publikum in der griechischen Mythologie gefangen hält - und das allein mit der Geschichte einer ungewöhnlichen Frau und einer Stimme, die Bilder im Kopf der Zuhörer entstehen lässt.
Cornelia Gutermann-Bauer spielt mit der Artikulation wie mit einem Instrument. Dynamik und Lautstärke wechseln lebendig-fließend wie es der Ablauf der Handlung erfordert, jedes Wort wird konzentriert gesprochen, geradezu zelebriert, um ihm Gewicht zu geben. Mimik und Gestik setzt die Darstellerin sparsam ein, der dramatisch vorgetragene Text genügt.
Die von vielen Legenden umgebene Sagen-Gestalt Medea bietet Stoff genug für die Auseinandersetzung mit Themen wie Treue in der Partnerschaft, Mutterliebe, weibliche Emanzipation, Emigration oder Fremdsein in fernen Ländern. Warum ihr Gefährte Jason sie im Stich ließ, und ob sie tatsächlich ihre Kinder getötet hat, wer weiß das schon. Aber unabhängig davon ist Medea faszinierend, weil sie furchtlos ist. Zornige Götter, boshafte Menschen, wilde Tiere: das alles beeindruckt sie wenig.
Cornelia Gutermann-Bauer zeichnet das Bild einer nach außen ruhig wirkenden Frau, wenngleich im Inneren emotionale Stürme toben. Das macht ihre Interpretation des Schauspiels »Medea - Mit Wölfen gewandert« von Dagmar Nick (Jahrgang 1926) so reizvoll. Die Autorin vergleicht darin die Situation Medeas mit der des unglücklichen Titanen Prometheus und erkennt, dass göttliche Unsterblichkeit ein Fluch und menschliche Sterblichkeit ein Segen sein kann.

Artikel vom 14.03.2007