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Schleiereule beugt der Mäuseplage vor

Helmut Wessel betreut Greifvogelart

Von Heiko Johanning
Versmold (WB). Eigentlich brüten sie in dunklen Nischen auf Dachböden, in Scheunen oder Kirchtürmen. Doch hin und wieder stellen Vogelliebhaber der Schleiereule auch eine eigene Wohnung auf dem Hof zur Verfügung. So wie bei Familie Niederhenke in Oesterweg.

Helmut Wessel vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) kontrolliert derzeit die Kästen, in denen sich in einigen Wochen das Eulen-Familienglück abspielen wird. »Zum Glück hat der Bestand der Schleiereulen deutlich zugenommen«, weiß der Eulenbetreuer. Denn der größte Feind der Eule ist ein harter, schneereicher Winter. »Diese Tiere haben so gut wie keine Fettreserven. Sie verhungern regelrecht, wenn sie nicht täglich mindestens zwei bis drei Mäuse erbeuten.«
Etwa 20 Schleiereulen-Paare hat Helmut Wessel im Bereich Versmold gezählt. Vor fast 30 Jahren hatte der Naturschutzbund Mittel für die Behausungen der Vögel bereitgestellt. Auf dem Hof Niederhenke steht ein solcher auf dem alten Speicher. »Das ist der ideale Standort für die Tiere. Hier leben sie ungestört von Mensch und anderen Tieren und haben vor sich das Bruch mit den weiten Wiesen«, erläutert Wessel.
Der Vogelfachmann kontrolliert jetzt regelmäßiger die Kästen: »Vor allem das Gewölle muss im Laufe der Jahre entfernt werden.« Helmut Wessel öffnet den ein Meter langen und 50 Zentimeter breiten Kasten. Ein scharfer Geruch nach Kot und Aas kommt ihm entgegen. »Hier wird es Zeit, sauber zu machen«, sagt er. Mit dem Spachtel wird die Masse losgekratzt und aus dem Kasten entfernt. »Wir müssen Platz machen für die etwa fünf Junge, die bald hier geboren werden«, sagt Wessel. »Dann wird es ziemlich eng werden.«
Vor 30 Jahren fanden die Vogelfreunde die Schleiereule im Altkeis in alten Taubenschlägen wieder. Im Volksglauben galt sie früher als Hexen- und Teufelsvogel, der Feuer, Blitzschlag und Tod verkündete. Um sich davor zu schützen, wurde die »Feuer- und Flammeneule« noch bis ins 20. Jahrhundert mit ausgebreiteten Flügeln an Scheunen- und Hoftore genagelt. Doch das ist längst vorbei. »Heute sind vor allem die Landwirte froh, wenn sie Schleiereulen auf dem Hof haben. Dann können sie einer möglichen Mäuseplage gut Herr werden«, weiß Wessel aus so manchem Gespräch.
In den Jahren 1979 und 1980 hat ein Mitarbeiter der Vogelwarte Helgoland den vorhandenen Vogelbestand im Bereich Versmold beringt. Aufzeichnungen haben seitdem Aufschluss gegeben über das Flugverhalten der Greifvögel. »Eine Eule wurde bei Manfred Berger am 22. August 1978 beringt und am 29. Januar 1979 im Kreis Wesel, also 130 Kilometer von Versmold entfernt, wieder gefunden. Allerdings war der Vogel tot, denn zu jener Zeit hatten wir einen langen Winter.«
Heute wird die Schleiereule allgemein gefördert. Wessel: »1977 wurde diese Eule von den Naturschutzverbänden zum Jahresvogel gewählt, um verstärkt auf den Rückgang hinzuweisen. Seitdem erholt sich der Bestand wieder.« Auch im Altkreis Halle sei Ende der 70-er Jahre viel bewegt worden für den Erhalt der Schleiereule, erinnert sich Wessel: »Etwa 60 Nistkästen sind später angebracht worden, die natürlich von Zeit zu Zeit kontrolliert werden müssen«, ergänzt der Eulenbetreuer.

Artikel vom 14.03.2007