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Von Manfred Schraven

Paderborner
Perspektiven

Im Alltag siegt St. Florian


Große Herausforderungen verlangen ungewöhnliche Mittel. Das wissen wir seit Kindertagen.
Ich kann mich gut daran erinnern, wie ich für etwas »Unmögliches« selbst den »lieben Gott« ins Boot holen wollte. Luft angehalten, bis ich nicht mehr konnte. Da muss der Himmel doch ein Einsehen haben: Statt Pakt mit dem Teufel, Vertrag mit dem lieben Gott. Durch viele Nackenschläge erfahren, weiß ich heute: Bei weltlichen Dingen - seien sie noch so brisant - sollte man den lieben Gott aus dem Spiel lassen. Und mit ihm auch die Schar der Heiligen. Obwohl sich immer mehr verdichtet, dass nicht wenige Mitbürger im stillen Kämmerlein einen kleinen Altar aufgestellt haben, an dem sie ihren ganz persönlichen Patron anrufen: nicht den heiligen Liborius, sondern St. Florian! Beispiele gefällig:
Da schreien Politiker, die möglicherweise jahrelang über Warnungen der Wissenschaftler im Club of Rome vor Erderwärmung und dem Ende der Energievorkommen gelächelt haben, in hysterischer Tagesform im Dunst der Energiegipfel den Bürgern entgegen, sie sollen auf Fernflüge verzichten und in Deutschland Urlaub machen. Während deren politische Berufsgenossen auf Steuergroschen erster Klasse durch die Weltgeschichte jetten, weiß »Otto Normalverbraucher« allerdings nicht, wie er für das Geld der ins Auge gefassten Pauschalreise mit dem Zug nach Sylt plus Unterkunft reisen soll. Da beißen aber auch Sonnenblumenkinder im Winter mit gutem Gewissen in die Öko-Tomaten, die in Kolonnen stinkender Lastkraftwagen von der iberischen Halbinsel in unsere Region angeschleppt werden. Nicht zu vergessen die frischen Erdbeeren aus Kalifornien, die Schnittblumen aus dem fernen Orient, die tagtäglich in den Nächten auf deutschen Flughäfen einschweben.
Kommen wir zum »Hausgemachten«: der Kampf gegen die Müllverbrennung in Mönkeloh, der sich als gewaltiges Manifest von rund 45 000 Unterschriften im Staatlichen Amt für Umwelt und Arbeitsschutz der Bezirksregierung festgeschrieben hat - dank des wachen Engagements von Bürgern, dank der unglaublichen Beteiligung an Protestkundgebungen.
Nun genießen die Proteste in der Öffentlichkeit nicht zuletzt durch ihre plakativen konsequenten Forderungen hohe Aufmerksamkeit und damit Akzeptanz. Wir sollten uns allerdings davor in Acht nehmen, die Sprüche der Plakate in unsere Argumentationsketten einzuschreiben. Zu schnell führt hier St. Florian die Feder, wenn wir in Sachen Mönkeloh gegen den »Mülltourismus« wettern und in Richtung Bielefeld verweisen. Zu einfach wird die radikale Forderung »Kein Müllofen in Mönkeloh«, wenn auf der anderen Seite selbst Umweltschutzverbände auf Müllverbrennung setzen. Es kann auch nicht einfach unterstellt werden, dass die potenziellen Betreiber nur aus Profitgier handeln. Ich möchte zu gern wissen, wie die Begründung, Stute wolle sich mit dem geplanten Heizkraftwerk vom E.on-Preisdiktat unabhängig machen, bei den vielen Sympathisanten rund um Roswitha Köllner (Bürgerinitiative »Gaspreise runter«), die auch in der Bürgerinitiative »Keine MVA in Mönkeloh« in vorderster Front steht, bei anderer Gemengelage angekommen wäre . . .
Ich persönlich habe im Umgang mit der Planung eine einfache Faustregel: Je kleiner der Schornstein, je größer meine Akzeptanz. Die falschen Versprechen von »sauberer Luft durch hohe Kamine« sind lange durchschaut!

Artikel vom 10.03.2007