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Zügig starten und rollen lassen

Auch die klimafreundliche Bahn soll ihre Ökobilanz verbessern

Von Sascha Meyer
Berlin (dpa). Werbung für die Umweltfreundlichkeit seiner Züge bekommt Bahnchef Hartmut Mehdorn derzeit gratis. In der Debatte um den Klimaschutz empfehlen Wissenschaftler und Politik die Vorteile der Schiene, und sogar vom Autofahrerclub ADAC gab es gerade einen Preis für die Bahn.

Dabei zielt der bundeseigene Konzern bisher eher auf die Portemonnaies als die Naturverbundenheit der Kunden und lockt mit günstigen Tickets im Konkurrenzkampf mit den Billigfliegern. Als einer der größten Energieverbraucher der Republik bemüht sich der Transportriese schon seit längerem, seine Ökobilanz zu verbessern. Umweltschützer fordern aber noch stärkere Anstrengungen.
Der Energiebedarf des größten europäischen Verkehrsanbieters mit täglich fünf Millionen Reisenden in 28000 Zügen ist enorm. Außer den Diesellokomotiven werden etwa 90 Prozent der Züge von der S-Bahn bis zum ICE elektrisch angetrieben - der benötigte Strom entspricht pro Jahr etwa dem Verbrauch der 3,4-Millionen-Einwohner-Metropole Berlin.
Dabei stammt fast die Hälfte der Elektrizität aus Kohle, ein Viertel aus Atomkraft, und knapp zwölf Prozent kommen aus erneuerbaren Quellen. Die immensen Mengen haben die Manager schon seit einigen Jahren schärfer im Blick. Die Maxime: Energiesparen senkt nicht nur Kosten, sondern auch den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids.
Mit moderneren Fahrzeugen und neuer Leittechnik wurden die CO2-Emissionen von 1990 bis 2002 bereits um ein Viertel reduziert. Und bis 2020 sollen sie um nochmals 15 Prozent herunter. Schon jetzt verweist Mehdorn aber gern auf einen Öko-Vorsprung: Bei Fernzügen entstehe im Schnitt nur ein Drittel des Treibhausgas-Ausstoßes, der auf der Straße anfällt. So seien es auf der 171 Kilometer langen Bahntrasse Nürnberg-München pro Person 7,5 Kilogramm CO2, beim Pkw dagegen 30 Kilogramm.
Das Umweltbundesamt erinnerte kürzlich daran, dass bei einem Flug nach Südostasien über sechs Tonnen CO2 anfallen, während es bei einer Zugfahrt von Berlin an die Ostsee 35 Kilogramm sind.
Naturschützer attestieren der Bahn dennoch keine völlig weiße Weste in punkto Umweltverträglichkeit. Der Strom müsse noch stärker aus regenerativen Energien kommen, heißt es beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) fordert Rußpartikelfilter für alle Dieselloks.
Den Energieverbrauch ihrer weiß glänzenden Sprinter hat die Bahn allerdings bereits ins Visier genommen. Die jüngsten ICE-3-Züge wiegen dank Leichtbauweise weniger als die gut 780 Tonnen schweren Vorgänger der ersten Generation. Energie, die beim Bremsen entsteht, kann ins Stromnetz zurückgespeist werden. Zudem trainierten mehrere tausend Lokführer sparsames Fahren. Eine Lektion lautet: »Zügig anfahren und dann rollen lassen.«

Artikel vom 10.03.2007