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Niedrige Schwellen überschreiten helfen

Familienzentrum »Der Spatz« berichtet über seine Pilotphase und seine Angebote

Schloß Holte-Stukenbrock (kl). das Bild von der niedrigen Schwelle ist am Donnertag Abend mehrfach verwendet worden, die niedrige Schwelle über die man sich eher traut. Im Kindergarten »Der Spatz«, der das erste Familienzentrum in Schloß Holte-Stukenbrock ist, sollen sich Mütter, Väter und Angehörige über die Schwelle trauen - im Bild und in der Realität.

Der Kindergarten nimmt am Modellprojekt Familienzentren des Landes Nordrhein-Westfalen teil und gehört zu den ersten 250 Einrichtungen, die sich jetzt mitten in der Pilotphase befinden. Den Abschluss dieser Pilotphase bildet eine Zertifizierung, die im April beginnt und mit der Verleihung der Gütesiegel im Juni endet.
Über den bisherigen Weg zum Gütesiegel informierten Verantwortliche der Evangeliums-Christen Gemeinde (Träger der Einrichtung) und des Kindergartens jetzt Vertreter von Rat und Stadtverwaltung, Kreis, Schulen und der anderen Kindergärten. Für letztere war der Informationsabend vor allem deswegen interessant, weil es in einer zweiten Bewerbungsphase weitere Familienzentren geben soll. Wie Gisbert Brauckmann von der Abteilung Jugend, Familie und Sozialer Dienst des Kreises Gütersloh dazu mitteilte, sind kreisweit 52 Familienzentren geplant, davon allein 5 in Schloß Holte Stukenbrock. Was bedeutet, dass etwa jeder dritte Kindergarten im Ort Familienzentrum werden kann.
Die niedrige Schwelle kann im Übrigen auch durchaus doppeldeutig verstanden werden. »Die Kriterien für das Gütesiegel sind erreichbar«, erklärte am Donnerstag Thomas Harmsen, der die Pilotphase im »Spatz« als Supervisor begleitet. Das bestätigte auch Kindergartenleiter Stefan Schmied: »Als wir uns angeschaut haben, welche Anforderungen gestellt werden, war unsere erste Reaktion: Das bieten wir doch schon alles an.« Entscheidend sei deswegen gewesen, »es besser zu machen«.
Dabei gehört »Der Spatz« nicht zu jenen Familienzentren, die ein »All-Inclusive-Angebot« unter dem eigenen Dach vorhalten können, vielmehr arbeitet er mit einer großen Zahl von Kooperationspartnern. Als Beispiel zu nennen wäre die Erziehungsberatung der Diakonie. Die gibt es schon, und Eltern könnten ja auch, wenn sie Probleme haben, direkt dorthin gehen. Hier kommt aber wieder die niedrige Schwelle ins Spiel. Bei der Kooperation bietet die Erziehungsberatung Beratungsstunden im Kindergarten an. Diese können von den Erzieherinnen vermittelt werden, mehr noch: Wo Erzieherinnen möglicherweise merken, dass Eltern einen Bedarf haben, sich aber nicht trauen ihn zu formulieren, können sie von sich aus auf die Eltern zugehen, und sogar das Angebot machen, das Erziehungsproblem zunächst anonymisiert mit einem Vertreter der Erziehungsberatung zu besprechen, bevor es dann eventuell zu einem Beratungsgespräch kommt.
Durch diese Form der Zusammenarbeit werde der Diakonie als Träger der Erziehungsberatung nichts weggenommen. Gisbert Brauckmann schätzt sogar, dass ein Mehrbedarf entstehen wird. Zusammenarbeit mit externen Einrichtungen gibt es auch schon in vielen anderen Kindergärten am Ort, das bestätigten die am Donnerstag anwesenden Leiterinnen der Einrichtungen.
Nach dem Modell der Erziehungsberatung ist »Der Spatz« eine große Zahl weiterer Kooperationen eingegangen: Mit einem Physiotherapeuten, einem Kinderarzt, einer Tagesmuttervermittlung beispielsweise. Kritisch sahen einige Anwesende die Kooperation mit der Georg-Müller-Schule, einer christlichen Privatschule in Bielefeld. Stefan Schmied wies jedoch darauf hin, dass der Kindergarten auch mit der Michaelschule, der Grauthoffschule und der Pollhansschule im Gespräch sei, die Georg-Müller-Schule eben nur als erste reagiert habe.
Daneben hat der Kindergarten versucht, sein eigenes Angebot zu verbessern. Dazu zählen eine Reihe von Sprach- und Frühförderungsmaßnahmen, die stärkere Einbeziehung der Eltern, auch Hausbesuche, und die integrative Arbeit, aber auch ganz praktische Dinge, wie das Angebot einer »Notbetreuung« montags bis 18.30 Uhr. Warum? »Wir haben an diesem Tag unsere wöchentliche Mitarbeiterbesprechung und sind sowieso da.« Eltern, die gerne mal gemeinsam, aber ohne Kind einkaufen möchten, müssen dieses Vorhaben dann eben nur auf einen Montag Nachmittag verlegen. Ein pädagogisches Programm könne allerdings nicht geleistet werden, sondern eben nur die Aufsicht.
Darüber hinaus zählen auch die Angebote der Evangeliums-Christen Gemeinde zu den Angeboten des Familienzentrums. Die reichen von Krabbel-, Kinder- und Jugendgruppen über geschlechtsspezifische Angebote bis zu russischen Gesprächskreisen, Sport- und Freizeitangeboten.

Artikel vom 10.03.2007