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Mit der Säge hoch hinaus

Martin Nordemann ist Baumkletterer - viel zu tun nach »Kyrill«

Rheda-Wiedenbrück (WB). »Das gibt Arbeit«, sagte Martin Nordemann nach dem Sturm Mitte Januar. Er hat einen sehr seltenen Zweitberuf - er ist Baumkletterer. Dabei will er zwar immer hoch hinaus, aber er steht doch mit beiden Beinen fest auf der Erde. Als Sohn eines Bauern begann er seinen beruflichen Lebensweg mit der Ausbildung zum Landwirt.

Zu seiner zweiten Ausbildung kam er durch seinen ehrenamtlichen Einsatz beim Deutschen Roten Kreuz. Er bestand die Prüfung zum Rettungsassistenten. Eine feste Anstellung fand er über den Malteserorden in Gütersloh im Unfall- und Rettungsdienst der Freiwilligen Feuerwehr. Auch zum Baumklettern kam er nach dem Einsatz im Ehrenamt, und zwar als Mitglied der Gemeinschaft für Natur- und Umweltschutz GNU.
Dort setzte er sich für den Schutz der Fledermäuse ein. Und diese Tiere leben bekanntlich immer »irgendwo ganz oben«. So kam der jetzt 36-jährige Naturfreund aus Bosfeld zum Klettern. Weil Nordemann erkannte, dass ihm das Arbeiten in großer Höhe lag und er körperlich dazu fähig war, beschloss er, daraus einen Beruf zu machen. Er ließ sich in einer Kletterschule in Süddeutschland ausbilden und absolvierte einen weiteren Lehrgang, der ihn zur Ausbildung von Baumkletterern befähigt. Er machte er sich unter dem Firmenamen »Norba« selbstständig.
Mittlerweile hat er viel Erfahrung sammeln können. Gerufen wird er, wenn das Fällen oder Kappen eines Baumes wegen enger Bebauung oder anderer Gegebenheiten in konventioneller Weise nicht möglich ist - oder nach Stürmen wie jüngst. Ein hoher Baum braucht zum Fallen viel Platz an der Erde. Stamm und Krone können unter Umständen verheerende Schäden in ihrem »Fallbereich« verursachen.
Wenn Problembäume zu fällen oder zu beschneiden sind, dann wird Nordemann gerufen. Nur kurze Zeit benötigt er, um zu überlegen, wie er strategisch vorgehen muss. Gearbeitet wird in derbem Schutzzeug. Sicherheitsschuhe gehören dazu und selbstredend ein Helm. Für die erste Etappe des Baumaufstiegs benutzt der Kletterer eine Leiter. Dann treten die Steigeisen, an den Schuhen befestigt, in Aktion. Durch ein Seil am Gürtel gesichert geht es den Stamm hinauf. Äste, die auf dem Weg nach oben im Weg sind, werden mit einer Handsäge beseitigt. Ast für Ast wird an einem Seil nach unten befördert und dort von einem Helfer empfangen. Für dickere Äste wählt der Baumkletterer die Motorsäge - ein Spezialgerät, dessen Säge sofort anhält, wenn der Motor abgeschaltet wird.
Besonders die Arbeit in der Spitze des Baumes, zehn, 15 oder gar 20 Meter hoch, erfordert viel Kraft und handwerkliches Können. Durch die Arbeitsvorgänge und das Gewicht des Kletterers mit der Säge ist, besonders in großer Höhe, der Baum in ständiger in Bewegung. Da heißt es für den Baumkletterer, Ruhe bewahren. Ein Meisterstück ist jedesmal das Absägen des letzten Stückes der Spitze. Auch dieser Teil stürzt nicht in die Tiefe, sondern gleitet ebenfalls seilgesichert zu Boden. Wieder auf der Erde, stehen Martin Nordemann Anstrengung und Anspannung ins Gesicht geschrieben. Für Menschen ein Problem gelöst zu haben, und das im Einklang mit der Natur, macht ihn zum Schluss aber sehr zufrieden.

Artikel vom 12.03.2007