10.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Platz für Kleine ist Mangelware

Nur 14 Unter-Dreijährige dürfen in den Kindergarten - Kreis will aufstocken

Von Friederike Niemeyer
und Melanie Adelt
Steinhagen (WB). Die Lage an der Steinhagener »Kindergarten-Front« ist entspannt. »In unserem Kindergarten Emmaus sind sogar noch einzelne Plätze frei«, berichtet Ruth Bender, die die Belegung an den evangelischen Einrichtungen koordiniert. Doch das gilt nur für die Größeren. Bei den Kleinkindern sieht es ganz anders aus.

Von den 660 Plätzen an den neun Kindertageseinrichtungen in Steinhagen sind insgesamt 14 Plätze - also 3,5 Prozent (Landesdurchschnitt 3,8 Prozent) - für Kleinkinder von vier Monaten bis zu drei Jahren ausgelegt: an der katholischen Kindertagesstätte Regenbogen und an der evangelischen Kita Kapernaum in deren altersgemischten Gruppen. Und weil die ganz Kleinen naturgemäß lange in diesen Gruppen verweilen, werden Jahr für Jahr nur einzelne Plätze frei. In Steinhagen also eine echte Kostbarkeit, für die sich viele Eltern auf eine Warteliste setzen lassen.
»Wir verzeichnen einen großen ungedeckten Bedarf, doch das Angebot an Tagesmüttern hilft, die Situation etwas zu entschärfen«, berichtet Ruth Bender. Kinder von zwei Jahren an können zudem auf das Angebot der Spielgruppen verwiesen werden.
Bürgermeister Klaus Besser rechnet bei den Kleinkindern mit einem steigenden Bedarf. »Doch die Gemeinde kann keinen Alleingang machen. Schon wegen der ungeklärten Finanzierung.« Und natürlich soll mit den kirchlichen Trägern und der AWO gemeinsam gehandelt werden. Der Gesetzesentwurf der Landesregierung, der in zehn Tagen vorgelegt wird, soll Klarheit bringen. Jetzt ist den Kommunen bereits ein Papier von Land und Kindergartenträgern bekannt, das eine neue Einteilung festlegt. Demnach sollen die altersgemischten Gruppen »geteilt« werden: in Gruppen mit zehn Kindern (vier Monate bis drei Jahre) und in Gruppen mit 20 Kindern (zwei Jahre bis zum Schuleintritt).
Der Kreis möchte den Anteil der Kita-Plätze für Unter-Dreijährige bis 2010 auf zehn Prozent erhöhen. Das bringt Kosten durch intensivere Betreuung und notwendige Umbauten mit sich, prognostiziert Besser. Aber er rechnet auch auf lange Sicht mit weniger zu betreuenden Kindern - durch Geburtenrückgang und das vorgezogene Einschulalter.
»Das Angebot für die Eltern wird sich mit dem neuen Gesetz verbessern, ob dies aber auch für die Qualität der pädagogischen Arbeit gilt, bezweifle ich noch«, sagt Hanna Krämer, Leiterin der AWO-Kita Rostocker Straße. Pro Gruppe sollen die Kindergärten eine Pauschale bekommen. »Ob wir damit dann hinkommen, beziehungsweise den Standard anheben können - da sehe ich noch große Fragezeichen.« Dennoch: »Die Betreuung für Kinder unter Drei ist dringend notwendig und ich begrüße dahingehende Pläne sehr«, betont Krämer.
So sieht es auch die Evangelische Kirchengemeinde, die Träger von vier Einrichtungen in Steinhagen ist. Pfarrerin Dagmar Schröder: »Mit dem Projekt Minimax, einem in Bielefeld erprobten Modell für flexible Kinderbetreuung unterstützt von Unternehmen, wollten wir im Waldbad-Kindergarten einen ersten Vorstoß wagen.« Weil das Jugendamt jedoch vorschreibt, dass zunächst alle Dreijährigen untergebracht werden müssen, liegen diese Pläne erst einmal auf Eis.

Artikel vom 10.03.2007