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Wort zum Sonntag

Heute von Klaus-Georg Verhoven

Klaus-Georg Verhoven ist Sozialpädagoge i. R. und Mitglied der katholischen Kirchengemeinde St. Anna.

Einen Baum, der keine Früchte trägt, würden wir abhacken. Vielleicht hat uns der Evangelist Lukas mit dem Gleichnis vom Feigenbaum durchschaut: Einen Baum, der drei Jahre keine Früchte trägt, würden wir abhacken. Er nimmt doch nur Platz weg. So eine Fehlinvestition können wir uns nicht leisten. Da ist es schon rührend, wie der Gärtner im Gleichnis sich verwendet. »Noch ein Jahr«, bittet er. Neu umgraben will er den Boden. Mit Dünger will er es versuchen. Er hat die nötige Geduld, um die Hoffnung nicht aufzugeben.
In jeder Familie und in jeder Nachbarschaft wachsen solche Feigenbäume, und sie tragen menschliche Namen. Mit Bäumen und Menschen, die in unseren Augen nichts taugen, machen wir kurzen Prozess. Wir lassen sie fallen. Leider sind die wenigsten von uns biblische Gärtner, die ihre Axt im Werkzeugschrank lassen und den Bäumen noch eine Chance geben.
Können wir mit dieser Frohen Botschaft etwas anfangen? Ist das überhaupt eine Frohe Botschaft für uns?
Wenn wir den Akzent von eben betonen - Geduld und Hoffnung haben mit anderen -, vielleicht trifft diese Botschaft uns dann eher. Im Evangelium spricht Jesus vom Baum im Zusammenhang mit seinem Bußruf: »Wenn ihr euch nicht bekehrt, wird es euch genauso ergehen.«
Das Bild vom Baum: Fest in der Erde verankert kann ein solcher Baum viel Nutzen bringen - vom Schatten im Sommer über die Früchte im Herbst bis hin zum Holz, das wir in verschiedenster Form fast jeden Tag brauchen und nutzen. Und damit sind nur einige »nutzbringende« Gesichtspunkte angesprochen.
Nutzen und Früchte bringen - wir bleiben oft hinter diesem Anspruch zurück. Trotzdem dürfen wir Hoffnung haben. In der Geduld und Fürsorge des Gärtners ist etwas von Christus, von seiner Gesinnung dargestellt. Er ist nicht gekommen zu richten, sondern zu retten, zu heilen, es noch einmal zu versuchen.
Bei uns dagegen sieht es oft anders aus. Wir sind kaum bereit, anderen immer wieder eine Chance zu geben, es noch einmal zu versuchen, gerade wenn wir enttäuscht und verbittert sind. Und bringen wir die Geduld auf, die wir für uns wie selbstverständlich beanspruchen?
Der Gärtner bittet noch um ein Jahr Geduld. Ist dieser »Gärtner« nicht völlig hinter dem Mond? Sind wir nicht auch davon überzeugt, dass alles zum Unkraut gehört, was keine sichtbaren Früchte trägt? Ist das nicht eher mit unserem Leistungsdenken und unserer Gewinnsucht zu vereinbaren? Welche Daseinsberechtigung haben rassische Minderheiten, Alte und Schwache, Kranke und Behinderte? Sie fallen der Volkswirtschaft zur Last. »Weg damit«, fordern wir für den Verbrecher, dessen Schuld wir vor Gott mittragen müssen. All diese »Ausgesetzten« hat uns Gott zur Bewährung unserer Liebesfähigkeit geschenkt. Eine christliche Welt wäre eine wunderbar verkehrte Welt. Sie würde den Gärtner im Evangelium zu ihrem Patron ernennen. Sie würde dem »Nutzlosen« nie die Chance absprechen. Sie wäre gottgefällig.
Dass wir zu einer solch gottgefälligen Welt beitragen, dazu sollen wir uns aufmachen, um seinen Weg durch Leiden und Kreuz, Ausweglosigkeit und Weltfremdheit mitzugehen. Dann können wir am Ende dieser Fastenzeit Ostern feiern.

Dass uns das gelingen möge, das wünsche ich Ihnen am heutigen 3. Fastensonntag und für die kommende Wochen.

Ihr Klaus-Georg Verhoven

Artikel vom 10.03.2007