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»Bockskrug« steht vor dem Aus

Klaudia und Roger Heidermann kündigen Pachtvertrag für traditionsreiche Gaststätte

Gütersloh (jed). Servus, »Bockskrug«: Freunde und Stammgäste des beliebten Lokales direkt am Eingang zum Stadtpark müssen sich auf einschneidende Veränderungen einstellen. »Nach zwölf tollen Jahren«, so Klaudia Heidermann, verabschiedet sich das derzeitige Pächterehepaar Klaudia (45) und Roger (44) Heidermann von der Parkstraße.

Der auslaufende Pachtvertrag wurde fristgerecht zum 30. Juni 2007 gekündigt. Ob die Türen der traditionsreichen Gaststätte in idyllischer Lage danach jemals wieder aufgehen, scheint derzeit unwahrscheinlich. »Zu 99,99 Prozent wird es keine Gastronomie mehr geben«, erklärt Rechtsanwalt Dr. Dietrich Merklinghaus (65) stellvertretend für seinen Sohn Michael (35), den Besitzer der Immobilie. Sollte allerdings ein Interessent mit »einem tollen Vorschlag für gehobene Gastronomie kommen, kann man sich gerne zusammensetzen«, signalisieren Vater und Sohn Merklinghaus Gesprächsbereitschaft.
Während hinter den Kulissen im Stillen über die Zukunft der Traditionsgaststätte entschieden und verhandelt wird, sprudeln die bisherigen Bockskrug-Wirte schier über vor neuen Ideen. Ehe sie die offenbaren, blicken sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf den bald hinter ihnen liegenden Lebensabschnitt zurück. »Es war eine schöne Zeit, keine Frage, aber nichts hält ewig. Wir sind beide Mitte 40, das Leben soll uns zeigen, was es sonst noch so drauf hat«, begründet Klaudia Heidermann jenen Schritt, zu dem sich das Ehepaar schweren Herzens durchgerungen hat. Roger Heidermann: »In zehn Jahren würde uns der Mut zum Neuanfang wahrscheinlich fehlen. Wenn Veränderung, dann jetzt.«
Bei den vielen treuen Stammkunden, die ihnen zum großen Teil seit den Anfangstagen 1995 die Treue gehalten haben, hoffen sie auf Verständnis. Die »neuen Herausforderungen« wird das Ehepaar künftig beruflich getrennt bestreiten. Küchenmeister Roger Heidermann plant, den bereits bestehenden Party-Service in einen »pfiffigen Bio-Lieferservice« umzuwandeln. Auch Heidermanns bekannte »Kochschule« soll bestehen bleiben; derzeit werden noch neue Räumlichkeiten gesucht. Klaudia Heidermann hat zwei Varianten für die Zeit ab Juli im Kopf, bei der eine Möglichkeit den Abschied von der Gastronomie bedeuten würde. Weitere Klärung sollen die nächsten Wochen bringen.
Der Bockskrug hat eine lange Tradition. Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts begann der Schankbetrieb im Stadtpark. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute Konrad Merklinghaus, Großvater des heutigen Besitzers, den zerstörten Gasthof wieder auf. Seit 1949 steht das Lokal an der bekannten Stelle, unweit des Minigolfplatzes. Durch die Lage gilt das 6000 Quadratmeter große Areal unter Experten als echtes »Filetstück«. Ein Gütersloher Immobilienhändler: »Die Lage ist fast nicht zu toppen.« Auf dem Nachbargrundstück des Bockskruges, dem Gelände von Dr. Merklinghaus und Sohn, errichtet eine Investorengruppe derzeit das Seniorenprojekt »Wohnen im Park«. Der Gedanke, gleich nebenan »Wohnen im Park II« anzubieten, sei laut Rechtsanwalt und Notar Dr. Merklinghaus »eine weitere Option, eine von mehreren Möglichkeiten« für die Nachfolgenutzung. Das wäre dann das endgültige Aus für den Bockskrug.

Artikel vom 10.03.2007