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Täglich grüßt er aus virtueller Welt

Markus Breuer lebt und arbeitet in »Second Life« - weltweite Kontakte

Von Jens Twiehaus (Text und Foto)
Paderborn (WV). »Ich bin kein Computer-Spieler«, sagt Markus Breuer und lenkt eine Figur über den Computer-Bildschirm. Wenn der 46-Jährige durch digitale Welten spaziert, ist das Teil seines Berufes. Breuer ist Bewohner von »Second Life«. .

In der weltweit zugänglichen Simulation gibt es keine Grenzen. »Ein Häuschen kann ich mir hier schon für einen Euro bauen«, erklärt Markus Breuer. Was sich anhört wie ein lustiger Computer-Spaß ist Breuers Arbeitsplatz. Animierte Figuren sprechen miteinander, doch dahinter stecken echte Menschen, die über echte Dinge reden. »Second Life« ist wie ein Computerspiel. Nur: Hier spielen Nutzer aus aller Welt gemeinsam - in einer Welt, die sie selbst aufbauen und zerstören können.
Breuer ist aktuell Deutschlands bekanntester »Second Life«-Nutzer. NDR, ZDF, Spiegel TV und große Zeitungen berichteten über ihn - der Informatiker gilt als absoluter Experte.
Es begann in Breuers Auszeit. 2004 hatte der gebürtige Nordborchener genug vom Stress - nachdem er schon eine Multimedia-Firma gegründet und später verkauft hat. »Ich habe für meinen Sohn Jason eine Elternzeit genommen«, erzählt Breuer, »und Dinge aufgeholt, die im Alltag liegen geblieben waren.« 2004 war das, nicht viel später erlebte Breuer seine digitale Wiedergeburt. »Mit Freunden bin ich auf Second Life gestoßen«, erinnert er sich. Schnell habe man festgestellt: »Das Konzept hat Potenzial.« Breuer stieg wieder ein in seine damals verkaufte Firma.
»Mittlerweile verbringe ich ein Viertel meiner Arbeitszeit in Second Life.« Wie das funktioniert? »Wir halten dort Konferenzen ab. Treffen, die wir sonst per Telefonkonferenz machen würden«, erläutert Breuer, lenkt sein »digitales Ich« mit ein paar Klicks vor einen flachen Bau und sagt: »Das ist das Konferenz-Haus meiner Firma.« Internet-Besprechungen seien intensiver, als sich am Telefon zu unterhalten.
Aber in »Second Life« passiert noch mehr: »Hier entwickeln wir Marketing-Strategien für große Konzerne«, erklärt der studierte Informatiker. »Alle großen Firmen haben die Chance erkannt« - die Chance zu gucken, wie ein Produkt ankommt. Kaufen »Second Life«-Bewohner den neuen Turnschuh im Netz, läuft das Produkt auch in der echten Welt.
Eine Frage mag Markus Breuer gar nicht: Wie geht die Familie damit um? Ständig vor dem tragbaren Computer sitzen, vom Wohnzimmer aus ins digitale Firmengebäude fliegen. »Meine Frau Maria versteht das, auch wenn sie wenig im Internet macht«, sagt er und lacht: »Sie würde lieber, dass ich insgesamt weniger arbeite.«
Schließlich aber sei das digitale Doppelleben faszinierend: »In einer realistischen Simulation kann ich unverbindlich alles ausprobieren.« Er sei kein Weltverbesserer, »aber hier kann man alles darstellen.« Breuer trägt den Phantasienamen »Pham Neutra« - und hat für den Springer-Verlag die erste Second-Life-Zeitung entwickelt.
http://secondlife.com/world/de/whatis

Artikel vom 12.03.2007