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Der perfekte Kreislauf

Holter Sägewerk heizt Trocknungsanlage mit Baumrinde

Von Matthias Kleemann
(Text und Fotos)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Eigentlich ist es der perfekte Kreislauf: Das Holter Sägewerk hat seit kurzem eine Heizungsanlage für die Holztrocknung, die mit Baumrinde befeuert wird. Konstruiert und auf dem Gelände errichtet hat das heimische Unternehmen Polzenith diese Anlage.

»Wir sparen damit rund 200000 Liter Heizöl im Jahr«, erklärt Stephan Fischer, Inhaber des Sägewerks. Beim derzeitigen Ölpreis entspricht das ungefähr der Summe von 100000 Euro, und zwar ganz ohne Subventionen, wie Fischer betont. Genau genommen müsste man jetzt den Verkaufserlös für die Rinde, der nun nicht mehr erzielt wird, dagegen rechnen. Trotzdem lohne sich die Investition, sagt Fischer. »Unsere Anlagen amortisieren sich in der Regel in vier bis fünf Jahren«, erläutert Polzenith-Inhaber Gregor Pollmeier.
Auch wenn er die Anlage in erster Linie aus wirtschaftlichen Gründen angeschafft hat, sei der ökologische Aspekt für ihn durchaus mehr als nur ein willkommener Nebeneffekt, erklärt Fischer. »Unser Geschäft ist der Handel mit Naturstoffen, da fühlt man auch eine gewisse Verantwortung.« Selbstverständlich sei der steigende Ölpreis ein Kriterium. Fischer hat sich aber auch Anlagen angesehen, die schon einige Zeit laufen, um sich von ihrer Zuverlässigkeit zu überzeugen. Und der Lieferant am Ort sei ein weiteres Kriterium gewesen.
Polzenith (18 Mitarbeiter) baut 12 bis 17 solcher Heizkraftwerke pro Jahr mit einer Leistung zwischen 300 und 8000 Kilowatt. Mit 490 Kilowatt ist die Anlage für das Sägewerk also eher eine kleinere. Einen halben Tag hat es nur gedauert, um die vormontierte Anlage auf dem Betriebsgelände aufzustellen. Nicht mehr als eine Bodenplatte und ein paar Vorkehrungen zur Einhaltung der Brandschutzbestimmungen waren erforderlich, zusätzlich die Verlegung der Rohre zu den Trocknungsanlagen.
»Die Anlage läuft vom ersten Tag an störungsfrei«, freut sich Fischer. Natürlich brauche es ein wenig Zeit, bis alle Feineinstellungen passen. Auch sei die Rindenverbrennung gegenüber einem Ölkessel wartungsaufwändiger. Aber die Computertechnik macht es möglich. Die Anlage analysiert Störungen zunächst selbst und benachrichtigt den Betreiber dann per SMS.
Ein großer Vorratsbehälter, der etwa 120 Kubikmeter Rinde fasst, musste ebenfalls errichtet werden. Der Brennstoff wird über eine Kettenförderung zum Ofen transportiert und dort mit einem hydraulischen Kolben in die Brennkammer geschoben. »Dieser hydraulische Einschub ist unsere Erfindung«, sagt Pollmeier stolz. Fast alle Hersteller solcher Anlagen haben die Technik mittlerweile kopiert.
Bei 400 bis 500 Grad verbrennt die Rinde und erzeugt 90 Grad warmes Wasser, das durch das vorhandene Rohrnetz der Trocknungsanlage fließt. Der Wirkungsgrad der Anlage liegt nach Angabe von Pollmeier bei 85 bis 87 Prozent. Alles läuft automatisch, bis zum Abtransport der Asche. Nur die Rinde muss noch von der Schälanlage mit einem kleinen Fahrzeug zum Vorratsbehälter geschafft werden. »Ich plane aber den Bau eines kleinen Förderbandes«, erklärt Fischer.
Die Ölheizung hat Fischer indes nicht komplett verschrottet. Ein alter Kessel wurde abgebaut, ein neuerer läuft noch und dient zur Dampferzeugung. »Das Holzdämpfen ist jedoch nur saisonal«, so Fischer. Wenn der Kessel abgängig ist, wird der Wasserdampf wohl auch über die Rindenverbrennung erzeugt.
Polzenith wurde 1962 gegründet, als erstes baute der Betrieb so genannte Austragevorrichtungen für Spänebunker. Aber schon Anfang der 70er-Jahre machte Pollmeier sich Gedanken, wie man die großen Mengen an Rinde verwerten könne, mit der in den Sägewerken niemand so recht etwas anzufangen wusste. Der Reiz, sie zu verfeuern, war angesichts niedriger Ölpreise auch nicht so hoch wie heute.
Der erwähnte hydraulische Einschub brachte den Durchbruch im Anlagenbau. Auf einer Messe in Wien verkaufte Pollmeier die erste Anlage an einen Betrieb in Villach. Heute vertreibt Polzenith seine Anlagen in ganz Europa.

Artikel vom 10.03.2007