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Waidmann wildert in
der Schonzeit ein Reh

3600 Euro Geldstrafe und Jagdschein weg

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WV). Das »Halali« wurde nicht geblasen, als Richterin Nicole Krupp »im Namen des Volkes« ihr Urteil verkündete. Dem Angeklagten versetze es gleichwohl einen Schlag in die Magengrube.

3600 Euro Geldstrafe (90 Tagessätze) muss er zahlen, seinen Jagdschein abgeben und für die nächsten zweieinhalb Jahre die Bockbüchse im Schrank lassen. Nach Überzeugung der Justiz hat der 64-jährige Nimrod ein aus Waidmannssicht echtes Kapitalverbrechen begangen. Die jagdlich ganz offensichtlich bewanderte und ambitionierte Richterin brachte es auf den Punkt: »In einem fremden Revier zu wildern, ist schon schlimm - aber während der Schonzeit besonders übel«.
Und genau das wird dem Angeklagten zur Last gelegt. Eine eigene Jagd hat er nicht, aber den Wald vor der Haustür. Zu dumm nur, dass dort ausgerechnet sein langjähriger Intimfeind jagdausübungsberechtigt ist. Pech war auch, dass sein frevelhaftes Tun von einem Nachbarn beobachtet wurde. »Ich sah ihn zunächst mit der Flinte und später mit der Schubkarre in den Wald gehen«, schilderte der Zeuge am Freitag vor Gericht, was er gesehen hatte. Kurz darauf sei er mit einem toten Reh in der Karre zu seinem Hof zurück gekehrt.
Die Spuren fand die Polizei noch am nächsten Tag im frischen Schnee, zudem Blut in der Karre und Eingeweide des Wildes auf dem Anwesen des Beschuldigten. Trotz dieser scheinbar erdrückenden Beweislage schwieg der vermeintliche Wilddieb beharrlich und präsentierte dem Gericht sogar zwei mögliche Alibizeugen. Diese weigerten sich zunächst allerdings standhaft, ihre Aussage zu beschwören. Erst als die Richterin ihnen Beugehaft androhte, hoben sie schließlich doch noch die Hand und leisteten den Eid.
Nach Überzeugung von Staatsanwalt Christian Mandel, selbst ein erfahrener Jägersmann, hatten sich die beiden Zeugen jedoch im Datum geirrt, oder der Angeklagte habe die Tat schon vor dem Treffen begangen.
Dessen Anwalt Olaf Afting aus Bönen forderte indes Freispruch und witterte gar ein Komplott der seiner Ansicht nach jagdlich verbandelten Paderborner Justiz. Er kündigte an: »Wir legen Berufung ein«.

Artikel vom 10.03.2007