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Kraft aus der
Freude der
Schüler ziehen

WB-Gespräch mit Sabriye Tenberken

Bad Driburg (WB). Sabriye Tenberken (36), die in Tibet eine Blindenschule gründete, las zusammen mit ihrem Lebensgefährten Paul Kronenberg in Bad Driburg aus ihrem neuesten Buch. WESTFALEN-BLATT-Redakteur Wolfgang Braun sprach mit der blinden Autorin.

Sie haben als Blinde erstaunliche Dinge verwirklicht. Woher nehmen Sie ihre Kraft ?
Tenberken: Wenn ich die Jugendlichen in Tibet sehe, wie sie lernen und wie begeistert sie dabei sind: Ich glaube, daraus gewinne ich am meisten Kraft. Auch aus meinem eigenen Leidensweg kann ich Stärke schöpfen. Ich denke aber auch, dass mir viel Kraft durch meinen Lebensgefährten Paul Kronenberg geschenkt wird.

Sie haben schon als Schülerin angefangen, sich für Tibet zu interessieren. Was begeistert Sie an diesem Land ?
Tenberken: Das Land reizte mich damals, weil es mir so wild und so fremd erschien und mich deshalb stark herausforderte. Was mich heute an Tibet besonders fasziniert, das sind die Leute und wie sie ihre Vorurteile überwinden können. Wenn sie sehen, dass ein blinder Mensch glücklich ist, dass er sein Leben in die Hand nehmen, verschiedene Sprachen sprechen lernen und viel mehr erreichen kann als manchmal ein Sehender, überwinden sie Vorurteile schnell.

Integration ist bei Ihnen nichts von außen aufgesetztes. Die Energie kommt von innen. Könnte das nicht auch als Modell für andere Behinderungen dienen ?
Tenberken: Ja schon. Das ganz Wesentliche ist, seine Behinderung anzunehmen, und zu sagen: Es gehört zu mir. Blindheit muss keine Behinderung sein: Wir können sie so wunderbar mit unseren anderen Sinnen kompensieren. Dadurch wird mein Leben in manchen Situationen viel spannender. Dadurch, dass ich blind bin, selektieren sich auch gerade die interessanten Menschen aus, die mit mir etwas zu tun haben wollen. Ich fühle mich beschenkt. Ich hoffe, dass das mehr und mehr Blinde auch so empfingen.

Wenn Sie Freizeit haben, was ist Ihre liebste Beschäftigung ?
Tenberken:Ich lese wahnsinnig gerne und ich reite gerne. Ich fahre gerne Kajak und treibe gerne Wildwassersport. Dazu gibt es in Tibet viele Möglichkeiten.

Artikel vom 07.03.2007