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Das »Marmeladen-Kraftwerk«

Stute-Konzept setzt auf erneuerbare Energien am Standort Paderborn

Von Hubertus Hartmann (Text)
und Wolfram Brucks (Fotos)
Paderborn (WV). Wieviel Strom steckt in einem Glas Erdbeerkonfitüre? Für den Paderborner Lebensmittelhersteller Stute aus betriebswirtschaftlicher Sicht ein wesentlicher Aspekt. Denn die Fruchtsaft- und Marmeladenherstellung ist ein energieintensives Geschäft.

Seit Jahren betreibt das Unternehmen deshalb schon eine Energiepolitik, deren Ziel eine weitgehende Unabhängigkeit vom Monopolisten E.ON ist. »Wir treiben unser Konzept, das auf Ökologie und Ressourssenschonung basiert, deshalb konsequent voran«, erklärt Geschäftsführer Michael Berghorn. »Das Industrie-Heizkraftwerk ist nur ein zusätzlicher Baustein.«
Stute sieht sich im Zusammenhang mit der geplanten Müllverbrennungsanlage zu Unrecht als Umweltverschmutzer verunglimpft. Man habe in den vergangenen zehn Jahren etwa 20 Millionen Euro in die Nutzung erneuerbarer Energien investiert und werde in dieser Richtung weiter investieren, betont Berghorn.
Ganz aktuell liegt der Bezirksregierung eine Voranfrage für den Bau von zwei riesigen Windkraftanlagen mit einer Leistung von jeweils zwei Megawatt (Mw) vor. Die beiden Türme - Nabenhöhe 98, bis zur Rotorspitze 139 Meter - sollen in der Nähe des Kühlhauses Mönkeloh entstehen und rund zwei Millionen Euro kosten. »Dabei wollen wir nicht vom Energieeinspeisungsgesetz profitieren, sondern den gesamten Strom ausschließlich selbst nutzen«, erklärt Berghorn.
Etwa die Hälfte seines gesamten Energiebedarfs erzeuge das Unternehmen bereits selbst. Seit dem Jahr 2000 setzt Stute auf Kraftwärmekopplung. Die Gasturbine hat eine Stromleistung von 20 Mw, der erzeugte Dampf wird in der Produktion bei Schälprozessen und zum Garen eingesetzt. Der Wirkungsgrad der Anlage liegt laut Berghorn bei etwa 90 Prozent, Restwärme werde noch für die Beheizung von Hallen genutzt.
Auch seine Abwässer klärt Stute seit 1999 in einer eigenen Anlage und leitet nur noch vorbehandelte Wasser ins öffentliche Kanalnetz. Das anfallende Klärgas wandeln vier Biogasmotoren wiederum in Strom. »In der nächsten Stufe werden wir auch Apfeltrester für die Energiegewinnung einsetzen und haben dafür im Investitionsplan 2007 bereits 1,5 Millionen Euro vorgesehen«, kündigt Berghorn an.
Die Sonne nutzt Stute ebenfalls. Auf den Werkdächern wurde gerade für fünf Millionen Euro eine Photovoltaikanlage installiert. Mit einer Gesamtfläche von 20 000 Quadratmetern und einer Spitzenleistung von 800 Mw zählt sie wahrscheinlich zu den größten in Deutschland.
»Wir werden unsere Selbstversorgungsstrategie weiter forcieren«, macht Michael Berghorn deutlich. Sowohl aus ökologischen als auch ökonomischen Gründen. Durch Spannungsschwankungen habe man zurzeit jedes Jahr einen bis zwei Produktionsausfälle. »Dann fährt alles runter, und das Wiederanfahren ist mit erheblichem Aufwand verbunden«, erläutert der Geschäftsführer. Den Schaden, der dabei eintritt, beziffert Berghorn auf mehrere hunderttausend Euro - für die E.ON nicht aufkomme. Die ständig weiter steigenden Strompreise seien ein zusätzliches Argument für das Unternehmen, in alternative Energien zu investieren.

Artikel vom 13.03.2007