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Beim Schreiben
ganz sorgenlos

Sabine Eickel liest aus Lindgren-Werken

Von Mathis Vogel
Hiddenhausen (HK). Die schwedische Kinderbuchautorin Astrid Lindgren hätte heuer ihren 100. Geburtstag gefeiert. Doch daran hat Sabine Eickel bei den Vorbereitungen für ihre Lesung nicht gedacht.

»Zuerst wollte ich von Straßennamen, die nach Frauen benannt sind, erzählen, blieb bei Astrid Lindgren stehen und versank wie schon als Kind in ihren Büchern«, sagte die Mitarbeiterin der Kulturwerkstatt Hiddenhausen. Am Freitag bewies Sabine Eickel, dass sie nicht die einzige ist, die sich ihre Faszination für die ländliche Idylle und Geborgenheit in den Geschichten von Astrid Lindgren bewahrt hat. Am mit Süßigkeiten und Goldstücken kunterbunt gedeckten Tisch, las sie ihren Gästen unter anderem aus den Büchern »Pippi Langstrumpf« und »Die Brüder Löwenherz« vor. An ersterem habe sie besonders fasziniert, dass es erstmals 1941 erschienen sei. »In einer Zeit, die von autoritärer Erziehung geprägt war, erblickte dieses aufmüpfige Mädchen das Licht der Welt«, sagte Sabine Eickel mit Begeisterung. Lindgren, die nach eigenen Angaben nur für sich selbst schrieb, habe damals mit ihrem Buch eine leidenschaftliche Debatte unter schwedischen Pädagogen ausgelöst und Kindern eine Lieblingsgeschichte beschert.
Das ungewöhnlichste Buch an diesem Abend war allerdings der Astrid Lindgrens Almanach, mit dem Sabine Eickel ihre Gäste Stück für Stück auch in die persönliche Geschichte der Kinderbuchautorin einführte. Ein Kritiker habe einmal über die gelernte Sekretärin Lindgren gesagt, sie spanne »die Wäscheleine des Dichtens zwischen dem Abenteuer und dem Kirschbaum auf«. Viele der Anwesenden hatten mindestens noch eine Ringelsocke an dieser Leine hängen und erinnerten sich beim »Pippiquiz« sogar an den vollen Namen der Piratentochter. Doch auch diejenigen, denen »Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminza Efraimstochter Langstrumpf« kein Begriff mehr ist, konnten sich von der fantastisch-liebenswerten Welt von Pippi, Michel, Lotta, Madita und Co. begeistern lassen. Die Faszination für das Schreiben beschrieb die Schwedin, die ihr deutscher Verleger Friedrich Oettinger als »ruhige, liebenswerte Frau« bezeichnete, selbst am eindrucksvollsten: »Wenn ich schrieb, war ich für Sorgen unerreichbar«. Vielleicht war dies das Rezept, mit dem sie noch heute Millionen von Kinderherzen höher schlagen lässt. Es scheint, als seien Liebe, Freundschaft und Fantasie zeitloser als die gesellschaftskritischen Ansätze, die ihre Kritiker einst vermissten.

Artikel vom 06.03.2007